Proteinurie

Die Proteinurie beschreibt die Ausscheidung von Proteinen über die Nieren.

Bei einer Proteinurie gelangen Proteine, meist Plasmaproteine wie Albumine und Globuline in den Urin. Üblicherweise ist eine Proteinausscheidung  nicht möglich, da im Filterapparat, dem Glomerulum, keine Proteine den Filter aufgrund ihrer Größe und Ladung passieren können. Wenn dennoch (kleinere) Proteine den Filterapparat passieren, werden sie im anschließenden Röhrensystem zurückgewonnen und gelangen damit nicht zur Ausscheidung in den Urin.

Verlust der Protein-Selektivität am Glomerulum-Filter-System

Um die Auswirkungen einer Proteinurie nachzuvollziehen, ist ein Verständnis der normalen glomerulären Filtrationsbarriere hilfreich. Das Blut enthält Proteine, die am Flüssigkeitshaushalt und dem Transport von geladenen Molekülen beteiligt sind. Plasmaproteine wie Albumine und Globuline führen zudem zu einem sog. onkotischen Druck, der dafür sorgt, dass Flüssigkeit im Blut gehalten wird und nicht ins Gewebe austreten kann. Gehen Plasmaproteine verloren, kann es daher zu Wasseransammlungen in Geweben (Ödeme) kommen. Für die Herstellung von Proteinen benötigt der Körper viel Energie, daher wäre die Ausscheidung und der Verlust dieser Proteine eine Verschwendung. Die glomeruläre Filtrationsbarriere soll den Verlust dieser wertvollen Proteine verhindern. Daher ist das Filtersystem im Glomerulum so ausgelegt, dass Albumine und Globuline die große, negativ geladene Moleküle darstellen, den Filter nicht passieren können. Es gibt kleine Proteine, die ausgefiltert werden können. Diese werden dann aber in den Zellen des proximalen Tubulus (Röhrensystem) zurückgewonnen. Daher ist das Auftreten von Proteinen im Urin zunächst ein ungewöhnlicher Zustand. Die Kontrolle und das Management der Proteinurie ist bei der CNE-Katze sehr wichtig.

Ursachen der Proteinurie

Zu einer Proteinurie kann es durch sehr unterschiedliche Ursachen kommen. Diese Ursachen können unterteilt werden in prärenal, also solche Ursachen, die nierenunabhängig sind und durch zum Beispiel starken Muskel- oder Blutabbau entstehen. Es können auch tumoröse Prozesse oder akute Bauchspeicheldrüsenerkrankungen zu einer Proteinurie führen. Bei den prärenalen Ursachen für die übermäßige Proteinausscheidung im Urin werden v.a. solche Proteine im Glomerulum filtriert, die üblicherweise nicht im Blut vorhanden sind.

Als renale Ursachen, also solche die in der Niere selbst begründet sind, gelten pathologische Veränderungen am Röhrensystem (Tubulussystem) der Nephrone wie etwa bedingt durch akute oder chronische Nierenentzündungen, Nierentoxine, Leptospirose, Kupferspeicherkrankheit der Leber beim Labrador Retriever und Fanconi Syndrom. Pathologische Veränderungen am Glomerulum (Glomerulopathien) haben neben entzündlichen Prozessen und bedingt durch Bluthochdruck auch tumoröse, infektiöse und medikamentöse Ursachen. Glomerulopathien können auch im Zusammenhang mit bestimmten Rassen auftreten.

Postrenale Ursachen, die im Urogenitaltrakt (Harnleiter, Blase, Gebärmutter etc.) liegen, sind meist entzündlicher Natur oder stehen mit Steinbildung (Harnsteine, Blasensteine) im Zusammenhang. Tumoröse Ursachen sind ebenfalls als Ursache der postrenalen Proteinurie möglich.

Eine vermehrte Proteinausscheidung über den Urin kann bei proteinreicher Fütterung auftreten. Daher werden weitere Urinuntersuchungen auf Zellen, Bakterien und Harnsteine empfohlen, um die Diagnose einer Proteinurie abzuklären. Eine Harnelektrophorese kann helfen, die Ursache der Proteinurie herauszufinden, da sie das Auftreten großer (hochmolekularer) Proteine bestätigen kann.

Aufbau des glomerulären Filtrationsapparates

A. Gesundes Glomerulum: Als Filtrationsapparat gilt das Glomerulum, ein Gefäßknäuel, das von Hüllen wie der Bowmanschen Kapsel umgeben ist, mit denen es Filterporen bildet und so wie ein Sieb wirkt. Es ermöglicht Abfallprodukten durch die Poren in den Urin (passiv) überzutreten und gleichzeitig wichtige Proteine und Blutzellen zurückzuhalten (= selektiver Filter). Für große Moleküle und/oder geladene Moleküle (z.B. Plasmaproteine) bildet das Glomerulum eine Barriere und verhindert so deren Verlust über den Urin.

B. Geschädigtes Glomerulum: Bei einer Schädigung im Glomerulum können die Poren des Filterapparates geschädigt und die Membran nicht mehr negativ geladen sein. Das kann dazu führen, dass größere und/oder negativ geladene Moleküle wie Plasmaproteine, den Filter zusätzlich passieren können.

Auswirkungen von Bluthochdruck bei der CNE Katze

Bluthochdruck steht mit dieser Situation in direktem Zusammenhang. Bei anhaltendem Bluthochdruck verändern sich die Gefäßwände auch im Glomerulum und können daher zu einer Veränderung des Filters führen. Außerdem geht Bluthochdruck mit einer erhöhten Filtrationsrate einher, bei der auch Proteine ausgefiltert werden können. Ist die Niere geschädigt, werden diese ausfiltrierten Proteine dann nicht mehr ausreichend zurückgewonnen, so dass vermehrt Proteine im Urin auftreten und damit verloren gehen.

Folgen der Proteinurie für die Nierengesundheit

Treten vermehrt Proteine durch den glomerulären Filter, entstehen im anschließenden Röhrensystem durch das vermehrte Aufkommen von Proteinen, die zurückgewonnen werden müssen, entzündliche Prozesse, die zusammen mit der Veränderung im Glomerulum zu einem Fortschreiten der chronischen Nierenerkrankung führen.

Durch die Proteinüberladung der Zellen des proximalen Tubulus, die für die Rückgewinnung der Proteine verantwortlich sind, werden eine Kaskade an Entzündungs- und weiteren Mediatoren aktiviert. Dies führt zu einer Entzündung zunächst der betroffenen Tubuluszellen, dann des Nierengewebes und zu einem Fortschreiten der Nierenfibrose.

Folgen des Proteinverlustes für die Katze

Bei dem Proteinverlust über den Urin im Zusammenhang mit CNE handelt es sich meist um Verlust von den Plasma-Proteinen Albumin und Globulin, die für den sog. onkotischen Druck im Blut verantwortlich sind (eine Voraussetzung, damit Wasser im Blut gehalten wird und nicht in Gewebe austritt). Bei anhaltendem Verlust an Albumin und Globulin kann sich Flüssigkeit in Gewebe ansammeln und zu Ödemen und Ergüssen führen. Es kann durch den Flüssigkeitsverlust auch Bluthochdruck gefördert werden.

Zudem trägt der Proteinverlust zu Muskelschwund und Gewichtsverlust und damit zur Auszehrung der CNE-Katze bei.

Diagnose der Proteinurie

Der Proteinverlust über die Nieren wird mit Hilfe des UPC = Urin-Protein-zu-Kreatinin-Verhältnis diagnostiziert. Der UPC kann daher nur aus einer Harnprobe bestimmt werden. Bei dem Test wird die Menge an Protein und Kreatinin in derselben Urinprobe gemessen und die Differenz zwischen den beiden Werten als Verhältnis ausgedrückt. Das Protein-Kreatinin-Verhältnis im Urin misst beispielsweise, ob die Proteinausscheidung im Vergleich zur Kreatinin Ausscheidung höher ist als erwartet. Ist das der Fall, liegt eine Proteinurie vor.

Das Protein-Kreatinin-Verhältnis sollte nur von Urinproben bestimmt werden, die frei von Blut, Entzündungszellen und  Harnsteinen/Harnsedimenten sind. Um festzustellen, ob die Probe für den Protein-Kreatinin-Test geeignet ist, wird daher zunächst eine vollständige Urinanalyse und Sedimentuntersuchung durchgeführt. Der Grund dafür ist, dass das Vorhandensein von Blut und Entzündungszellen zu einem falsch hohen Verhältnis von Urin-Protein zu Kreatinin führen kann, was auf eine Nierenerkrankung hindeutet, obwohl eine andere Ursache vorliegt.

Es wird empfohlen, das Protein-Kreatinin-Verhältnis (mit vollständiger Urinanalyse) in mehreren aufeinanderfolgenden Urinproben zu wiederholen (s. IRIS Stadien). Je länger der Proteinverlust anhält (persistiert), desto wahrscheinlicher ist es, dass eine ernsthafte Nierenerkrankung vorliegt. Eine persistierende Proteinurie ist eine Proteinurie, die bei mindestens 3 Urinuntersuchungen im Abstand von 2 oder mehr Wochen nachgewiesen wurde.

Wenn die Nierenfunktion reduziert ist und auch der Harn nicht mehr ausreichend konzentriert werden kann und wässrig wird (= das Spezifische Harngewicht sinkt), dann reichen Spuren von Eiweiß im Urin aus, um einen Hinweis auf die chronische Nierenerkrankung zu geben.

UPC als Marker der Verbesserung der Nierenfunktion

Wenn die Proteinurie durch eine Behandlung verringert werden kann, wird auch das Fortschreiten der CNE verlangsamt. Bei einem Tier mit CNE kann das Protein-Kreatinin-Verhältnis im Urin auch zur Überwachung der Nierenfunktion verwendet werden, z. B. um festzustellen, ob sich die Nierenfunktion als Reaktion auf eine Behandlung verbessert. Dies wurde z. B. durch den Einsatz verschiedener blutdrucksenkender Medikamente bzw. einem Hochleistungsadsorber für die Vorstufen urämischer Toxine im Darm (s. Therapie) erreicht.

IRIS Unterstadien Proteinurie

Die Untersuchung auf das Vorliegen einer Proteinurie wird im Harn mit Hilfe des Urin-Protein zu Kreatinin-Verhältnisses, auch UPC genannt, gemessen. Diese Harnuntersuchung soll mit 10-14-tägigem Abstand wiederholt werden, um zu überprüfen, ob eine persistierende Proteinurie vorliegt.

Die CNE kann anhand des UPC-Wertes in drei Unterstadien eingeteilt werden.
Die CNE kann anhand des UPC-Wertes in drei Unterstadien eingeteilt werden.

CNE-Katzen mit einem UPC > 0,4 haben ein 4-fach höheres Sterberisiko als CNE-Katzen mit einem UPC < 0,2.

Eine Proteinurie ist mit blutdrucksenkenden Medikamenten behandelbar. Mehr dazu erfährst Du unter Therapie.