Der Teufel steckt im „P“

*Anzeige, weil Markennennung

Für das Fortschreiten der chronischen Nierenerkrankung der Katze ist das Zusammenspiel der „teuflischen zwei P’s, Phosphor (chemische Abkürzung = P) und sein Gegenspieler, das Parathormon, relevant.

Ein zu hoher Phosphat Blutspiegel (Hyperphosphatämie) kann als unabhängiger Risikofaktor das Fortschreiten der chronischen Nierenerkrankung bedingen. Durch die mit der CNE einhergehende verringerte Nierenleistung, wird weniger Phosphor als üblich ausgeschieden. Da Fleisch sehr viel Phosphor enthält, kann bei gleichbleibender Fleischfütterung mehr Phosphat im Blut verbleiben, so dass ein erhöhter Phosphat-Blutspiegel auftreten kann. Dies ist meist erst in späteren CNE-Stadien sichtbar. Das Problem: Katzen sind strikte Fleischfresser und benötigen daher einen hohen Proteinanteil in Ihrer Nahrung. Auch ist anorganisches Phosphat generell wichtig für den Stoffwechsel. Ein erhöhter Phosphor-Blutspiegel ruft einen Gegenspieler hervor, dessen Aktivierung zu Komplikationen führen kann:

Parathormon als Gegenspieler lässt nicht locker

Parathormon (PTH) wird aus den Nebenschilddrüsen (Parathyreoidea) freigesetzt und hat drei Funktionen. Erstens führt PTH zu einer erhöhten Ausscheidung von Phosphat über die Nieren. Es arbeitet also gegen einen erhöhten Phosphat-Blutspiegel. Zweitens erhöht PTH die Phosphatausscheidung in den Nieren. Dabei kann die PTH-Regulierung des Phosphat-Blutspiegels an den noch verbleibenden Nephronen die Ausscheidung von Phosphor soweit erhöhen, dass bis zu einem späten CNE-Stadium der Blutspiegel an Phosphat normal erscheinen kann. Erst bei einer deutlich reduzierten Nierenleistung (gemessen an der sogenannten Glomerulären Filtrationsleistung GFR), die einen Schwellenwert von etwa 20% unterschreitet, also weniger als 20 Prozent Nierenleistung vorliegen (!) wird eine Hyperphosphatämie im Blut sichtbar. Das ist ein relativ später Zeitpunkt. Bis dahin kann ein normaler Phosphat-Spiegel durch den PTH-Einfluss aufrechterhalten werden.

Aber, dazu ist die Nebenschilddrüse bereits aktiviert worden und eine erhöhte PTH-Ausschüttung liegt vor. Mit dieser erhöhten Freisetzung von PTH kann es zu einer Komplikation kommen, die das CNE-Geschehen weiter vorantreibt: der sekundäre Hyperparathyreoidismus.

PTH-Gegner werden ausgeschaltet 

Der Phosphat-Stoffwechsel wird nicht nur durch PTH, sondern auch durch dessen Gegenspieler, Calcitriol, der aktiven Form des Vit. D, beeinflusst, welches in den Nieren gebildet wird. Dabei geht es um die Feinregulierung des Verhältnisses zwischen Phosphat und Kalzium. Calcitriol erhöht die Aufnahme von Kalzium und Phosphat aus dem Darm und deren Einbau in die Knochen. PTH macht genau das Gegenteil: es führt dazu, dass die Knochen Kalzium und Phosphat freisetzen (dritte Funktion des PTH) und erhöht zudem die Ausscheidung von Phosphat über die Nieren. Bei Fortschreiten der CNE wird nicht nur weniger Phosphat ausgeschieden, und damit mehr zurückbehalten, sondern auch kein Calcitriol mehr gebildet, welches PTH in Schach hält. Die Folge ist, dass bei verringerter Nierenleistung der Phosphat-Spiegel ansteigt (Hyperphosphatämie), was wiederum die PTH-Freisetzung aktiviert. Dem PTH steht dann kein Gegenspieler mehr im Weg, weil die geschädigten Nieren kein Calcitriol mehr bilden, so dass die Ausscheidung von PTH anwächst.

Gleichzeitig wird weniger Kalzium aus dem Darm aufgenommen, weil dazu Calcitriol fehlt. Eine Verringerung des Kalzium-Blutspiegels (Hypocalcämie) wiederum aktiviert PTH. Durch PTH wird Kalzium und Phosphor aus dem Knochen freigesetzt, was die Hyperphosphatämie verstärkt und damit resultierend auch die PTH-Freisetzung. Das aus dem Knochen freiwerdende Kalzium entmineralisiert die Knochen und macht sie damit weich. Zudem wird das überschüssige Kalzium und Phosphat in verschiedenen Organen abgelagert und kann hier zu einer Schädigung von Herz, Gefäßen und insbesondere der Nieren kommen. Die Verkalkung der Nieren führt zu deren weiteren Zerstörung. Die Folge ist: noch weniger Phosphat wird ausgeschieden à die Hyperphosphatämie nimmt zu à noch mehr PTH wird ausgeschüttet à weitere Knochenerweichung durch vermehrte Freisetzung von Phosphat und Kalzium aus den Knochen à weitere Nierenverkalkung und -zerstörung.

Merke: Auch wenn der Blut-Phosphat-Spiegel anfänglich normal erscheint, hat bei CNE bereits eine erhöhte PTH-Freisetzung begonnen. Daher muss bei einer CNE frühzeitig mit der Kontrolle des Phosphat-Spiegels begonnen werden.

Die Kontrolle des Phosphat-Spiegels ist damit eine lebenserhaltende Maßnahme bei der CNE. Sie kann erreicht werden über eine Nierendiät, in der neben Proteinen (wegen der Urämie) v.a. Phosphat reduziert ist. Allerdings ist sowohl die Proteinreduktion bei der Katze als obligatem Fleischfresser, die phosphatreiche Eiweißquellen benötigt, begrenzt und damit auch die Phosphatreduktion. Eine weitere Möglichkeit zur Phosphatreduktion besteht in der Verwendung von Phosphatbindern. Es gibt eine Vielzahl an Phosphatbindern, die im Darm das im Futterbrei vorhandene Phosphat aufnehmen und mit dem Kot ausscheiden. Damit kann es dann nicht in den Körper aufgenommen werden. Auch die Kombination beider Maßnahmen ist möglich. Da Phosphatbinder das aktuell im Futter enthaltene Phosphat binden, ist es notwendig, diese zusammen mit jeder Futterportion zu verabreichen.

Ein neuer Spieler auf dem Feld: FGF-23

Der Phosphatstoffwechsel wird noch durch einen weiteren Spieler reguliert: Fibroblast-Growth-Factor, FGF-23. Er wird in der Knochenmatrix gebildet und aktiviert die Ausscheidung von Phosphat. Freigesetzt wird FGF-23 bei einem erhöhten Phosphatspiegel, aber auch durch einen erhöhten Calcitriol-Spiegel und durch PTH.

Weiterlesen in meinem Blog Beitrag:

 

FGF-23 und seine Rolle im Phosphatstoffwechsel

FGF-23 und seine Rolle beim Phosphatstoffwechsel der Katze

Quellen:

  • Demmel, A. (2011): Der Einfluss der alimentären Phosphorversorgung auf ausgewählte Nierenfunktionsparameter bei Katzen. Dissertation, LMU München: Tierärztliche Fakultät, https://edoc.ub.uni-muenchen.de/13433/
  • Moritz, A. (2013): Klinische Labordiagnostik in der Tiermedizin, 7. Auflage, Schattauer Verlag Stuttgart
  • Rade, C. (2016): Diätetik bei chronischer Nierenerkrankung von Hund und Katze – wichtigste Option in der Therapie, In: Kleintiermedizin (3) 2016, S. 128 – 133.
  • Schmidt, V. / Horzinek, M. C./ Lutz, H. / Kohn, B. / Forterre, F. (2015): Krankheiten der Katze, 5. Vollst. Überarb. Und erweit. Auflage, Enge Verlag, Stuttgart.
  • Vetline: Phosphat als Kernproblem bei Katzen mit CNI, https://vetline.de/phosphat-als-kernproblem-bei-katzen-mit-cni/150/3252/67496/
  • Phosphorus can be key for Kidneys, https://feline-nutrition.org/health/phosphorus-can-be-key-for-kidneys
  • Die Chronische Niereninsuffizienz der Katze was leisten die verschiedenen Phosphatbinder?, http://www.medscript.de/texte/phosphatbinder.pdf