Die CNE – Ein kurzer Überblick

Ein kurzer Überblick

Etwa 3 – 5% aller Katzen sind von der chronischen Nierenerkrankung betroffen. Mit zunehmendem Alter steigt die Wahrscheinlichkeit an, so dass bereits in einem Alter von 12 Jahren schon die Hälfte der Katzen an einer CNE leiden. Die Krankheit ist unheilbar und ihr Verlauf fortschreitend (= progressiv). Die auslösenden Ursachen der CNE sind meist schwer auszumachen. Gemeinsam ist Ihnen jedoch, dass sie unabhängig von der Ursache zu einem Nephronenverlust führen. Nephronen sind die Filtereinheiten der Nieren, die für die vielfältigen Aufgaben zuständig sind, wie beispielsweise Entgiftung, Wasser- und Elektrolythaushalt, Bildung hormonähnlicher Substanzen, Regulierung des Blut-pH’s.

Erkrankungen, die zu einer CNE führen können, sind unter anderem:

  • Nierenentzündungen und Nierenbeckenentzündungen
  • FIP-Virus-Infektionen
  • Nierentumoren
  • Weitere Erkrankungen der Niere und ihrer Funktionen (sog. Nephropathien wie beispielsweise durch Nierenverkalkungen)
  • Zystische Nierenveränderungen, Zystenbildungen, Zystennieren
  • Bluthochdruck
  • Gerinnungsstörungen
  • Sklerosierungen (= Bindegewebige Veränderungen) der Niere
  • Nierensteine
  • Stauungsniere (durch Harnstau verursachte Hydronephrose)

Diagnosestellung durch klinische Symptome und Laboruntersuchungen

Die Erkrankung wird aufgrund klinischer Symptome wie etwa Fressunlust, erhöhte Harnausscheidung (Polyurie-PU), starker Durst (Polydipsie -PD), Schläfrigkeit, Gewichtsverlust, Erbrechen, Austrocknung in Zusammenhang mit Laborveränderungen diagnostiziert. Bei der Blutuntersuchung lässt sich eine vermehrte Azotämie erkennen, die auf eine Erhöhung von Harnstoff und Kreatinin im Blut zurückzuführen ist. Auch der SDMA-Wert im Blut ist erhöht, ebenso wie Phosphat (Hyperphosphatämie). Diagnostisch lässt sich bei der Harnuntersuchung noch ein geringes spezifisches Gewicht des Harns nachweisen und evtl. vermehrt Protein im Harn (Proteinurie). Die Katzen zeigen häufig auch erhöhten Blutdruck (Hypertension). Weitere klinische Symptome und Komplikationen ergeben sich in späteren Stadien aus der auftretenden Urämie, also der Harnvergiftung des Blutes, weil die Nieren ihrer Entgiftungsfunktion nicht mehr nachkommen können und somit urämische Toxine im Blut verbleiben. Hierzu zählen neben Magenschleimhaut-
reizungen auch Maulschleimhaut- und Magenschleimhautgeschwüre, übler Atemgeruch, Bauchspeicheldrüsenentzündung und Anämie, Lungenentzündungen, Muskelzuckungen, herabgesetztes Immunsystem, Entzündungen von Brust- und Bauchfell, Herzmuskelerkrankungen sowie auch komatöse Zustände.

Ein großes Problem ist, dass die labordiagnostische Diagnose (Anstieg der Nierenwerte) meist erst eindeutig ist, wenn bereits 75% der Nephrone beider Nieren funktionslos geworden sind.

Das Fortschreiten der Nierenerkrankung ist nicht zu stoppen

Die CNE verläuft chronisch aber fortschreitend, das bedeutet, die Erkrankung verschlechtert sich zunehmend. Bedingt ist dies durch Teufelskreise, die die Erkrankung weiter vorantreiben. Die Nieren der Katze bestehen aus ca. 200.000 Filtereinheiten (Nephronen), die jedoch nicht alle gleichzeitig verwendet werden. So gibt es „Reserve“-Nephrone, die erst zum Einsatz kommen, wenn bestehende Filtereinheiten ihren Dienst versagen. Im Laufe des Lebens reduziert sich die Zahl dieser „Reserve“-Nephrone, so dass am Ende keine weiteren Nephrone mehr ersetzt werden können. Die vorhandenen Nephrone können ihre Leistung jedoch erhöhen. Allerdings können sie diese hohe Leistung nicht lange aufrechterhalten und gehen dann ebenfalls zugrunde, so dass immer weniger Nephrone tätig sind.

Mit fallender Anzahl an tätigen Nephronen sinkt die Nierenleistung. Da die Nieren an einer Vielzahl von Prozessen beteiligt sind, kommt es hier zu deutlichen Einschränkungen und Komplikationen für den Katzenorganismus. Die Nieren sind wie Klärwerke, die Abbauprodukte des Stoffwechsels und Gifte ausscheiden müssen. Hierbei wird auch die Wassermenge im Körper kontrolliert und überflüssiges Wasser ausgeschieden bzw. auch wieder zurückgewonnen. Verringert sich die Nierenleistung, so bleibt zu viel Phosphat im Blut (Hyperphosphatämie), was über die Feinregulierung des Kalzium-Phosphat-Gleichgewichtes zu erheblichen Komplikationen über die Aktivierung von Parathormon in den Nebenschilddrüsen schließlich zum weiteren Nephronenverfall führt und damit den Fortgang der CNE beschleunigt.

Auch urämische Toxine, die Abbauprodukte des Proteinstoffwechsels kurbeln die CNE weiter an, wenn sie nicht mehr in ausreichendem Maße ausgeschieden werden können. Es handelt sich um natürliche Abbauprodukte. Dennoch sind es Nierengifte, die die Nieren direkt schädigen und zu einem Nephronenverlust und damit Fortgang der CNE führen. Bei ihrer Anreicherung im Blut kommt es zu einer Urämie, die mit klinischen Symptomen einhergeht.

Nicht zuletzt kann auch der erhöhte Blutdruck und der damit einhergehende Proteinverlust (Proteinurie) über die Nieren die Erkrankung weiter vorantreiben. Bei Bluthochdruck werden die Gefäßporen größer und größere Moleküle wie Proteine werden in den Urin ausgepresst, die nicht zurückgewonnen werden können. Der Bluthochdruck schädigt zudem die Filtereinheiten und führt zu ihrem Untergang und damit zum Fortschreiten der Erkrankung.

Das Staging – die Einordnung in eines der vier IRIS-Stadien der CNE

Die Diagnosestellung, sowie die anschließende Einteilung in eines der vier Stadien erfolgt anhand der Richtlinien der International Renal Interest Society (IRIS), die auch Therapieempfehlungen je Stadium gibt. Die Stadieneinteilung erfolgt dabei anhand von drei Komponenten:

  • Grad der Azotämie, gemessen anhand des Kreatinin-Blutspiegels
  • Vorhandensein und Grad der Proteinurie
  • Vorhandensein und Höhe des Bluthochdrucks

Die Stadieneinteilung erfolgt erst nach bestätigter Diagnose. Wichtig dabei ist zu beachten, dass die Katze aufgrund der Behandlung in ein besseres Stadium wechseln kann (was anzustreben ist).

Im Allgemeinen schreitet die CNE langsam weiter voran und es kann trotz gut eingestellter Behandlung plötzlich und unerwartet zu spontanen Verschlechterungen kommen, wobei die Katze ein deutlich eingeschränktes Allgemeinbefinden zeigt. Auch können die Nierenwerte sich in diesem Schub schlagartig verschlechtern. Eine tierärztliche Behandlung (z.B. Infusionen) kann der Katze dann helfen, wieder auf die Beine zu kommen und auch die Nierenwerte wieder zu senken oder zu stabilisieren. Problematisch ist, dass sich solche akuten Verschlechterungen nicht vorher ankündigen. Ist eine Katze gut eingestellt auf ihre CNE-Behandlung und lange stabil, verzichten einige Katzenbesitzer auf die vielen Mittelchen und denken, dass sich ihre Katze erholt hat und der bestehende Zustand daher lange anhält. Das ist leider nicht der Fall, da die Erkrankung weder heilbar noch zu stoppen ist. Eine gute Behandlung kann das Leben der CNE-Katze verlängern und die Lebensqualität erhöhen.

Grundlagen der Therapie der CNE

Die Schwerpunkte der Therapie beziehen sich bei einer diagnostizierter CNE v.a. auf die Lebensverlängerung (verlangsamtes Fortschreiten) und die Erhöhung der Lebensqualität der Katze. Dazu müssen neben der Behandlung individueller klinischer Symptome v.a. die vier o.g. Teufelskreise angegangen werden. Zur Reduzierung des Phosphates bieten sich zwei Möglichkeiten, die beide mit der Fütterung zusammenhängen: zum einen kann der Katze Diätfutter mit einem geringeren Protein- und damit auch Phosphatgehalt gefüttert werden (Fleisch enthält viel Phosphat). Zum anderen besteht die Möglichkeit, der Katze zusätzlich zum normalen Futter oder später dann auch zum Diätfutter einen Phosphatbinder zu verabreichen, der Phosphat aus dem Futterbrei im Darm aufnimmt und über den Kot ausscheidet. Damit kann die Katze weniger Phosphat aufnehmen und die Nieren werden entlastet. Der Phosphatspiegel im Blut muss laut IRIS stark kontrolliert und je nach Stadium in einem bestimmten Maße gehalten werden. Da die Nierenleistung im Laufe der Erkrankung immer weiter sinkt, können beide Maßnahmen auch kombiniert werden, um den Phosphatspiegel zu senken.

Zur Reduktion der urämischen Toxine wird der Proteingehalt im Nieren-Diätfutter verringert. Das ist bei Katzen jedoch ein enger Grad aufgrund der Tatsache, dass sie auf einen hohen Proteingehalt im Futter angewiesen sind als obligate Fleischfresser. Ist der Proteingehalt zu niedrig, verdauen sie ihre eigene Muskulatur und verlieren an Kraft und Gewicht. Beides ist wichtig für die nierenkranke Katze. Mittlerweile gibt es die Möglichkeit, auch diese urämischen Toxine als Vorstufen aus dem Futterbrei im Darm abzufischen und unschädlich über den Kot zu beseitigen. Damit werden die Nieren entlastet, da sie dann weniger Stoffe ausscheiden müssen. Gleichzeitig werden die Nieren auch vor dem Angriff der Nierengifte geschützt und die Urämie und die damit verbundenen klinischen Symptome werden reduziert. Das Prinzip dieses urämischen Toxin-Binders entspricht einer Dialyse, die über das Futter gegeben wird. Das Diätfutter ist mit der „oralen Dialyse“ auch kombinierbar.

Bluthochdruck wird durch entsprechende Medikamente kontrolliert. Gleichzeitig wird durch die Verringerung des Bluthochdrucks auch der Proteinverlust über den Urin (Proteinurie) reduziert, da der Bluthochdruck dazu führt, dass mehr Proteine in den Harn ausgepresst werden.

Mittlerweile gibt es eine Vielzahl an Behandlungsmöglichkeiten, die individuell angepasst werden können. Wichtig ist neben der Verlangsamung der vier Teufelskreise v.a. auch die Kontrolle des Flüssigkeitshaushaltes der Katze: die Katze verliert zunehmend Wasser über die Nieren, trinkt zwar viel, kann das Wasser aber nicht im Körper behalten, weil sie es gleich wieder über den Urin ausscheidet. Sie trocknet dabei zunehmend aus, obwohl sie viel trinkt. Das liegt daran, dass die geschädigten Nieren das Wasser nicht mehr zurückgewinnen können, wie dies eine gesunde Niere kann.

Eine gute Behandlung kann das Leben der Katze deutlich verlängern. Dafür ist das frühzeitige Erkennen der Nierenerkrankung eine wichtige Voraussetzung. Mittlerweile haben sich die Diagnosemöglichkeiten verfeinert, so dass chronisch nierenkranke Katze früher diagnostiziert werden können (z.B. mit dem SDMA-Wert). Eine jährlicher Nieren-Check bei Katzen über 7 Jahre kann für eine Früherkennung der CNE sinnvoll sein.

Literatur