Phosphat im Visier der CNE

Ein erhöhter Phosphat-Blut-Spiegel löst bei manchen Katzenbesitzern Angst und Schrecken aus. Überschüssiges Phosphat trägt bei Vorliegen einer Chronischen Nierenerkrankung (CNE) erheblich zum Fortschreiten der Nierenzerstörung und in Folge zum schnelleren Versterben der betroffenen Katze bei. Es gibt jedoch Möglichkeiten im Management der CNE, diesem Schrecken zu begegnen.

 

Parathormon als Trittbrettfahrer

Die Katze nimmt Phosphat über ihr Futter zu sich. Aufgrund der verminderten Nierenleistung kann überschüssiges Phosphat bei vorhandener CNE nicht mehr vollständig ausgeschieden werden. Folglich kommt es zu einer Anreicherung von Phosphat im Blut (Hyperphosphatämie) mit der gefürchteten Freisetzung von Parathormon (PTH). PTH wiederum bewirkt eine Freisetzung von Calcium und weiterem Phosphat aus den Knochen der Katze. Es kommt zu einer Erweichung der Knochen. Demgegenüber kann das frei werdende Calcium vom Körper nicht sinnvoll genutzt werden. Es lagert sich in Organen ab, wo es zu Verkalkungen der Nieren und Blutgefäße führen kann. Die Verkalkung der Nieren befeuert eine fortschreitende Zerstörung und schlussendlich die CNE selbst weiter. Es entsteht ein Teufelskreis, bei dem vermehrt PTH ausgeschüttet wird – ursprünglich getriggert durch Phosphat.

Mehr dazu und über die weiteren 3 Teufelskreise der Chronischen Nierenerkrankung findet sich in meinem Buch „CNE – Chronische Nierenerkrankung erklärt für Katzenfreunde“.

 

Reduktion von Phosphat als Ausweg

Eines der wichtigsten Konzepte im Kampf gegen die CNE ist daher, neben der Reduktion urämischer Toxine (Indoxylsulfat ist maßgeblich am Phosphat-Stoffwechsel beteiligt), die Beschränkung von Phosphat selbst.

Muskelfleisch enthält neben Protein sehr viel Phosphat und ist deshalb für die obligat fleischfressende Katze nicht nur hochverdaulich sondern lebenswichtig. Aus diesem Grund wurden Nierendiäten auf pflanzlicher Basis entwickelt. Neben dem Austausch von Muskelproteinen durch Pflanzenproteine (meist Weizengluten) zur Reduktion des Phosphatgehaltes wird in Nierendiäten zudem der Gesamtproteinanteil verringert. Dem lag einst die Idee zu Grunde, hierdurch die Entstehung urämischer Toxine durch den Abbau von Proteinen durch das Mikrobiom zu vermindern.  Nierendiäten stammen aus einer Zeit, als es noch keine andere Möglichkeit gab, den Phosphat- und urämischen Toxin-Spiegel zu reduzieren.

 

Geschmack ist nicht zu vernachlässigen

Proteinreduzierte Nierendiäten sind jedoch insbesondere für die fleischliebende Katze eine unbefriedigende Lösung. Eine Reduktion der Proteine im Futter geht oftmals mit einem Verlust an Schmackhaftigkeit Hand in Hand. Dies ist oftmals ein Grund für viele Katzen die ihnen vorgesetzte Nierendiät zu verweigern.

Das Wichtigste bei einer an CNE erkrankten Katze ist, dass sie frisst. So bleibt die Katze bei Kräften. Eine Verringerung des Eiweißgehaltes (Eiweiß = Protein) wurde bislang insbesondere in späteren Stadien der CNE empfohlen, in denen klinische Symptome, ausgelöst durch die Schadwirkung urämischer Toxine, auftreten. In frühen CNE-Stadien ist eine Proteinreduktion durch Nierendiäten hingegen sogar unerwünscht. Eine Proteinreduktion kann zu einem Abbau der Muskelmasse führen. Denn Katzen sind derart auf eine hohe Zufuhr an Proteinen angewiesen, dass ihr Stoffwechsel bei zu geringer Aufnahme über das Futter beginnt, die eigene Muskulatur zu verdauen.

 

Katzen Trockenfutter - Proteinreduzierte Nierendiäten sind für Katzen eine unbefriedigende Lösung-
Proteinreduzierte Nierendiäten sind für Katzen eine unbefriedigende Lösung.

 

Hochverdaulich schmeckt es der Katze

Geringer Appetit ist für chronisch nierenkranke Katzen charakteristisch. Hochverdauliche Proteine (Muskelfleisch; Innereien) können durch ihre hohe Schmackhaftigkeit Abhilfe schaffen und somit den Appetit der CNE-Katze noch lange Zeit positiv beeinflussen. (s. Blog-Beitrag Geschmacklos schmackhaft)

Der Konflikt um die schädlichen urämischen Toxine lässt sich mittlerweile mit einer oralen Dialyse einfach umgehen. Die Auswirkung der urämischen Toxine auf das Fortschreiten der CNE und die resultierende erhöhte Sterblichkeit lassen sich somit überwinden. Hierzu wird der Katze einmal täglich ein spezieller Adsorber (Renaltec® in Form winziger schwarzer Kügelchen) in das Futter gemischt. Der Adsorber sammelt im Katzendarm die aus dem Proteinabbau gebildeten Vorstadien der urämischen Toxine auf und wird dann -mit den Schadstoffen befüllt – einfach über den Kot ausgeschieden.

 

Orale Dialyse und Phosphatbinder – der Weg der Zukunft?

Neben der verringerten Aufnahme von Phosphaten, die durch Nierendiäten erreicht wird, ist auch eine Reduktion des Futterphosphates über Phosphatbinder möglich. Diese werden ins Futter gemischt und nehmen im Darm Phosphat aus dem Futterbrei auf.

Phosphatbinder bilden zusammen mit den Futterphosphaten unlösliche Komplexe im Darm. Diese werden nicht ins Blut aufgenommen, sondern ebenfalls über den Kot ausgeschieden. Die Phosphatausscheidung über den Kot steigt folglich an. Dadurch wird der Blut-Phosphat-Spiegel reduziert.

Diese Phosphatbinder können mit dem Lieblingsfutter der Katze verabreicht werden und sind meist schon ausreichend, um den Phosphat-Blutspiegel in genügendem Maße zu reduzieren. Das Gute ist, dass die Phosphatbinder unabhängig von der Futtermenge dosiert werden können. Zudem können Phosphatbinder mit jeder Form von Nassfutter, also auch mit Nierendiäten, gegeben werden. Das macht ihren Einsatz sehr flexibel. Das trifft ebenso für die orale Dialyse über den o.g. Spezialadsorber zu. Die gewünschten Effekte einer Phosphat- und Proteinreduktion von Nierendiäten können daher ebenso mit der oralen Dialyse und Phosphatbindern erzielt werden, ohne dass die Katze das Futter ändern muss. Orale Dialyse und Phosphatbinder können aber auch zu Nierendiäten ergänzt werden. Das ist beispielsweise gerade in späten Stadien der CNE denkbar.

 

Phosphatbinder ist nicht gleich Phosphatbinder

Im Gegensatz zur oralen Dialyse, die bislang nur mit Renaltec® beschrieben ist, stehen unterschiedliche Phosphatbinder zur Verfügung. Diese unterscheiden sich in ihrer Aufnahmekapazität für Phosphat und ihrer Beeinflussung des Elektrolytstoffwechsels (v.a. Calcium).

In der Tiermedizin sind bislang dazu v.a. Calcium- und Magnesiumsalze wie Calciumcarbonate zugelassen worden. Calciumcarbonat (z.B. in Ipakitine® und Pronefra®) hat im sauren Milieu des Magens seine höchste Bindungskapazität für Phosphat. Im Darm herrscht jedoch eher ein neutrales Milieu vor, in dem Calciumcarbonat schwer löslich ist und daher weniger Phosphat bindet. Aufgrund des Calciumanteils kann es zu Problemen hinsichtlich des Calciumstoffwechsels kommen. Neben Magen- und Darmproblemen kann es durch einen erhöhten Calciumblutspiegel zu Verkalkungen von Organen und auch zu Knochenerkrankungen führen. Die Verkalkung der Nieren führt zu einer Nierenzerstörung und ist bei CNE daher besonders zu beachten.

Daneben gibt es in den USA noch Chitosan als Phosphatbinder (Chitosan ist auch enthalten in Ipakitine® und Pronefra®), das zusätzlich noch harnpflichtige Substanzen im Magen-Darm-Trakt binden soll. Chitosan ist ein unspezifischer Adsorber der v.a. Fette in hohem Maße aufnimmt und daneben viele andere Substanzen binden kann. Studien an Ratten haben gezeigt, dass diese bei der Gabe eines Chitosan-Produktes abmagern und Chitosan zu Defiziten führen kann. Dies ist bei CNE-Katzen daher zu beobachten.

Aus der Humanmedizin ist ein anderes Carbonat bekannt, das mit der seltenen Erde, Lanthan, zu Lanthancarbonat verbunden wird. Die Aufnahmekapazität für Phosphat ist bei Lanthancarbonat höher als bei den Calciumcarbonaten und sie ist zudem sowohl im sauren Milieu des Magens als auch im neutralen Milieu des Darms optimal. Lanthancarbonat ist zudem nebenwirkungsarm bei der Katze: Versuche mit 10-facher Überdosierung über 2 Wochen führten nicht zu Nebenwirkungen.  Bei nierenkranken Katzen konnte eine deutliche Reduktion des Phosphat-Blutspiegels erreicht werden. Lanthancarbonat führte in Studien an CNE-Katzen zu einer Verbesserung der Lebensqualität, die durch die in der Kontrollgruppe verwendeten Nierendiäten nicht im gleichen Maße erzielt wurde.

 

Quellen:

  • Welsch, B. (2009): Die Chronische Niereninsuffizienz der Katze was leisten die verschiedenen Phosphatbinder? Kleintiermedizin 1/2 -2009.
  • Anraku, M. et al. (2014). Antioxidant and renoprotective activity of chitosan in nephrectomized rats. Carbohydrate Polymers, 89(1), 302–304.