Chronische Nierenerkrankung on Stage II

Die lineare Einteilung in vier aufeinanderfolgende Stadien der Chronischen Nierenerkrankung der Katze (und des Hundes) wird von der IRIS (International Renal Interest Society) vorgenommen. Das sogenannte Staging ist die Zuordnung der Katze zu einem Stadium. Dieses Stadium bestimmt den Schweregrad der Chronischen Nierenerkrankung (CNE) und steht gleichsam im Zusammenhang mit der Prognose.

Die IRIS empfiehlt auch im zweiten Stadium besondere Behandlungen und Vorgehensweisen für das Staging sowie die Therapie der Katze. Dabei wird zwischen dem Staging vor und nach Behandlung unterschieden. Eine Katze kann vor der Behandlung in einem höheren Stadium sein und mit der Behandlung wünschenswerter Weise dann in ein niedrigeres Stadium „zurückfallen“. Allerdings ist der Grad der Nierenschädigung deswegen nicht verbessert, da die CNE unheilbar ist. Lediglich die Blut- und Urinuntersuchungen weisen die Werte eines früheren Stadiums auf. Dies kann die Prognose verbessern und geht meist auch mit einer besseren Lebensqualität der Katze einher.

 

Stadium zwei hinter den Kulissen

Im zweiten Stadium ist die Nierenleistung schon um 2/3 reduziert, so dass harnpflichtige Substanzen nicht mehr vollständig ausgeschieden werden können und sich im Blut zurück stauen.

Die reduzierte Ausscheidung zieht bereits Blutbildveränderungen nach sich. Im Stadium zwei fallen die leicht erhöhten Kreatinin-Blutspiegel auf. Kreatinin hat in diesem Stadium einen Wert von 140–250 μmol/l bzw. 1,6–2,8 mg/dl und kann damit auch noch an der oberen Normgrenze liegen.

Im Vergleich zu vergangenen Check-ups fällt jedoch auf, dass die Kreatinin-Werte nun ansteigen und sich nicht mehr im individuellen Referenzbereich der eigenen Katze befinden. Wenn ab dem fünften Lebensjahr mindestens jährliche Nierencheck-ups gemacht wurden, kennt man einen individuellen Referenzbereich für die eigene Katze. Jede Katze hat je nach Bemuskelung, Alter, Fütterung, Rasse u.v.m. sehr individuell unterschiedliche Kreatinin-Werte. Ziel ist es, einen Kreatinin-Anstieg sehr früh zu erkennen. Da der Anstieg an sich das Zeichen für die eingeschränkte Nierenfunktion ist und nicht die Überschreitung der vom Labor vorgegebenen Obergrenze des Normbereiches.

Hier kann auch der SDMA-Wert helfen, der früher als der Kreatinin-Blutwert ansteigt. Im zweiten Stadium der CNE liegt die SDMA-Konzentration im Blut bei 18–25 μg/dl und ist damit ebenfalls leicht erhöht.

Die Urinuntersuchung zeigt meist schon einen UPC-Wert (urine protein-to-creatinin-ratio) über 0,4. Das entspricht laut IRIS einer Proteinurie (= Verlust von Proteinen über den Urin).

Klinische Symptome sind noch mild. Fressunlust, Schläfrigkeit und vermehrtes Trinken (Polydipsie) und häufiges Pinkeln (Polyurie) sowie Gewichtsverlust werden schon eher wahrgenommen.

 

Massnahmen im zweiten stadium

Im Fokus steht die Verlangsamung des Fortschreitens der CNE. Dazu gehört die Kontrolle des Blutdrucks der Katze. Falls der Blutdruck erhöht ist, sollte er mit Medikamenten reduziert werden. Etwa 20 % der Katzen zeigen Bluthochdruck im frühen Stadium der CNE. Es gibt dabei zwei Arten von Blutdruck: Zum einen ist es der systemische Blutdruck. Nur der kann gemessen werden bei der Katze. Der systemische Blutdruck wird von der IRIS in Unterstadien eingeteilt, da Bluthochdruck zu Organschäden führen kann (z.B. an Gehirn, Nieren, Netzhautablösung). Die jeweiligen Unterstadien geben das jeweilige Risiko für Organschäden an.

 

Die wichtigste Maßnahme in Stadium Zwei ist die Verlangsamung des Fortschreitens der Chronischen Nierenerkrankung.

Zum anderen ist es der Blutdruck in den Nieren selbst und hier v.a. in den Nierenkörperchen. Dieser kann von den Nieren selbst autonom gesteuert werden. Der Blutdruck in den Nieren ist wichtig, damit ausreichend harnpflichtige Substanzen (wie zum Beispiel Kreatinin, SDMA, Harnstoff) aus dem Blut in den Urin „ausgepresst“ werden. Letzterer Blutdruck unterstützt damit die Nierentätigkeit, wohingegen ein guter systemischer Blutdruck allgemein wichtig für das Wohlbefinden der Katze ist.

So führt beispielsweise geringer Blutdruck zu Mattigkeit, Schläfrigkeit und wackeligem (s.g. plantigradem) Gang. Zu hoher Blutdruck jedoch kann der Katze und den Nieren schaden. Daher ist eine Blutdruckkontrolle beim Einsatz von blutdrucksenkenden Medikamenten sinnvoll.

Die IRIS empfiehlt darüber hinaus, dass im Stadium 2 der Phosphat-Wert im Blut kontrolliert und auf einem Wert unter 1,5 mmol/l gehalten werden sollte. Dies gelingt neben der Futterumstellung auf Protein- und phosphatreduziertes Diätfutter auch durch die Verwendung von Phosphatbindern.

 

Noch ist nicht aller Tage Abend

Die durchschnittliche Überlebenszeit von Katzen im Stadium 2 liegt laut Literatur bei durchschnittlich über 3 Jahren. Das ist ein relativ langer und damit zunächst einmal beruhigender Zeitraum, wenn man von einer alten Katze ausgeht. Dieses Stadium sollte daher möglichst lange erhalten bleiben und die Stabilisierung dieses Stadiums steht somit im Zentrum der tierärztlichen Bemühungen. Das gelingt über die Verlangsamung der Progression der CNE, indem die Teufelskreise ihres Vorantreibens angegangen werden. Das setzt neben einer guten Diagnostik auch einen Überblick über den Gesamtzustand der Katze (Abklärung möglicher Komorbiditäten, also zusätzlicher Erkrankungen) und ihrer Nieren (mögliche weitere Erkrankungen?) voraus.

Die Progression erfolgt bei der Katze nicht linear, sondern stufenweise, so dass es für den Katzenbesitzer so aussieht, als ob es schlagartig zu einer Verschlechterung kommt. Das ist bei schleichenden Symptomen nicht ungewöhnlich. Irgendwann werden sie vom Besitzer bemerkt und für ihn auffällig und dann fallen ihm auch weitere Symptome auf. Sollte es zu einer Verschlechterung kommen, sollte ein Tierarzt aufgesucht und das Staging erneut vorgenommen werden.

Vielleicht geht die Reise trotz Therapie dann weiter Richtung Stadium 3, das im nächsten Blog-Artikel vorgestellt wird.

 

 

Quellen: