Verhungern vor vollem Napf

*Anzeige, weil Markennennung

Zusammenfassung

  • Die chronische Nierenerkrankung wird gerade durch das Futter deutlich beeinflusst
  • Frisst die Katze zu wenig Protein, baut sie ihre eigene Muskulatur ab
  • Orale Dialyse mittels Urämietoxin-Binder als neue Alternative zu Diätfutter

 

Die Fütterung einer chronisch nierenkranken Katze verlangt dem Besitzer Einiges ab

Katzenbesitzer haben nicht allein durch die Diagnose der CNE Stress und Schuldgefühle (s. Blog-Artikel Achterbahn der Gefühle), sondern auch mit dem Futter ihrer geliebten CNE-kranken Katze. Das liegt vor allem daran, dass die Erkrankung dazu führt, dass Katzen ihren Appetit verlieren. Das lässt Katzenbesitzer verzweifeln.

 

Ernährung und Erkrankung hängen eng zusammen

Die Erkrankung wird gerade durch das Futter deutlich beeinflusst. Das ist auch der Grund, warum bei dieser Erkrankung Diätfutter zur Therapie der chronischen Nierenerkrankung verwendet werden. Das liegt zum einen daran, dass sich aus den im Futter enthaltenen Proteinen (oder besser aus deren Bausteinen, den sogenannten Aminosäuren) urämische Toxine bilden, die den Fortgang der CNE durch die Zerstörung der Nephrone mit bindegewebigem Umbau der Nieren vorantreiben und zu klinischen Symptomen führen. Man spricht daher auch von der Darm-Nieren-Achse, da das natürliche Mikrobiom des Darms die Aminosäuren aus Proteinen zu giftigen Abbauprodukten umformt. Diese verschlimmern dann die CNE.

 

Reduktion urämischer Toxine

Eine Reduktion von Proteinen wird bei der CNE-Katze angestrebt, um die urämischen Toxine zu reduzieren und damit den Fortgang der CNE zu verlangsamen und klinische Symptome zu verbessern. Zudem enthält Muskelfleisch, das hochwertige Proteine für die Katze enthält, viel Phosphat. Phosphat ist aber ebenfalls an dem Fortgang der CNE beteiligt (s. Der Teufel steckt im „P“), so dass auch dies reduziert werden sollte. Phosphatreduktion gelingt in Diätfuttermitteln über den Austausch von Muskelfleisch gegen pflanzliche Proteine, die meist Weizengluten als Proteinbasis enthalten. Nierendiäten sind zusätzlich proteinreduziert.

 

Katzen brauchen Proteine

Katzen als obligate Carnivoren (=Fleischfresser) benötigen aber einen hohen Proteinanteil in der Nahrung, da ihr ganzer Stoffwechsel auf den Abbau von Proteinen angelegt ist und sie Energie überwiegend aus Proteinen gewinnen. Damit die Katze genügend Energie und Kalorien bekommt, um ihr Gewicht und ihre Muskelmasse zu erhalten, braucht sie diesen hohen Proteinanteil in ihrem Futter. Katzen können anders als Hunde auch essentielle also lebensnotwendige Aminosäuren nicht selbst bilden, sondern müssen diese mit dem Futterprotein (z.B. Muskelfleisch oder auch Weizengluten, wobei tierische Proteine einen höheren biologischen Wert haben) aufnehmen. Zudem lieben Katzen Proteine und sie würden sich, wenn sie die Wahl hätten, mit proteinreichem Futter ernähren sowie zwischen 12 – 20 Mal pro Tag kleinere Mengen fressen.

 

Katzen benötigen einen hohen Proteinanteil in der Nahrung, da ihr ganzer Stoffwechsel auf den Abbau von Proteinen angelegt ist.

 

Überlebenschancen erhöhen durch Fressen

Frisst die Katze zu wenig Protein, baut sie ihre eigene Muskulatur ab. Dabei wird Kreatinin (aus dem Muskelstoffwechsel) frei und damit erhöht sich der Kreatinin-Spiegel im Blut. Ein erhöhter Kreatinin-Blutspiegel spricht für ein schlechteres Stadium der CNE (s. IRIS-Stadien). Zudem verliert die Katze nicht nur an Muskelmasse (Kachexie), sondern auch an Gewicht. Die Überlebenschance einer kachektischen oder anorektischen Katze (= Katzen, die nicht fressen) mit CNE ist wesentlich schlechter als bei normalgewichtigen CNE-Katzen. Und auch das Hungern selbst kann zu einer weiteren lebensgefährlichen Erkrankung, der hepatischen Lipidose (= akute Leberverfettung) führen.

Daher sollte eine CNE-Katze vor allem erst einmal überhaupt fressen. Notfalls muss man die CNE-Katze zum Fressen motivieren, beispielsweise indem die Katze oben auf ihr Futter etwas bekommt, das sie besonders gerne mag. Auch fressen manche Katzen gerne Eier, deren Protein auch den höchsten biologischen Wert hat. Angewärmtes Futter wird von CNE-Katzen meist lieber gefressen, weil mit der Wärme auch der Geruch des Futters zunimmt und die Katze dieses besser riechen kann.

 

Dilemma Proteinreduktion

Nach dem Vorgesagten wird deutlich, dass es sich bei der Proteinreduktion um eine Zwickmühle handelt: Im Laufe der CNE-Erkrankung versucht man den Kreatinin-Spiegel zu senken und die Katze Protein- und Phosphat-reduziert zu ernähren. Das gelingt mit Diätfuttermitteln. Allerdings mögen viele Katzen dieses Futter nicht. Frisst die Katze aber schlecht, wirkt sich die geringe Proteinaufnahme und damit einhergehender Muskelabbau „negativer auf die CNE aus, als jedes Futter“ (Sturgess, 2008). Auch wenn Katzen nur einen Teil ihres (dann auch noch proteinreduzierten) Futters pro Tag fressen, tritt der Muskelabbau auf.

Wichtig ist daher, dass die Katze überhaupt frisst. Denn Katzen würden lieber bei vollem Napf verhungern, als etwas zu fressen, was sie nicht mögen. Verhungern und seine direkten und indirekten Auswirkungen auf den Körper ist im Zusammenhang mit chronisch nierenkranken Katzen der häufigste Grund für ihren Tod bzw. ihre Euthanasie (Polzin, 2007).

 

Wichtig ist, dass die Katze überhaupt frisst.

 

Aufatmen durch alternative Ansätze

Daher ist es wichtig, dass CNE-kranke Katzen überhaupt fressen. Es wäre gut, wenn Katzen CNE-optimiertes Futter zu sich nehmen würden. Wenn die Katze das Diätfutter gänzlich verweigert oder nur unregelmäßig frisst, ist es besser, sie mit dem Futter zu füttern, das sie gerne frisst. Denn es gibt neuere alternative Möglichkeiten bei Verweigerung des Diätfutters: Durch Zusätze von Phosphatbindern und sogenannten urämischen Toxin-Bindern, die beide über das Futter gestreut werden können. Der Urämietoxin-Binder (der Wirkstoffname ist Renaltec®) ist relativ neu. Er hat den Vorteil geruchs- und geschmacklos zu sein, so dass er von Katzen gut gefressen wird, wenn er ihrem geliebten Nassfutter untergerührt ist.

 

Orale Dialyse

Der Urämietoxin-Binder wirkt wie eine orale Dialyse, indem er die bei dem Proteinabbau entstehenden, giftigen urämischen Toxine bereits als Vorstufen im Darm bindet und dann mit dem Kot die Katze verlässt. Er kann auch zusätzlich zum Diätfutter gegeben werden, denn auch im CNE-Futter müssen essentielle Aminosäuren enthalten sein. Aus essentiellen Aminosäuren bilden die natürlichen Darmbakterien (Darm-Mikrobiom) Abbauprodukte wie die Vorstufen der urämischen Toxine. Werden diese Vorstufen im Darm abgefangen, können daraus keine urämischen Toxine mehr gebildet werden. Die schädlichen Auswirkungen der urämischen Toxine werden dadurch reduziert. Bei chronisch nierenkranken Menschen konnte eine Lebensverlängerung und Reduzierung klinischer Symptome durch die Reduktion urämischer Toxine mithilfe des urämischen Toxin-Binders erreicht werden.

Das tiermedizinische Produkt ist eine Weiterentwicklung des Humanproduktes und unterscheidet sich von diesem durch eine noch höhere Bindungskapazität für urämische Toxinvorstufen, ist also noch potenter und noch spezifischer (Mottet, 2020).

 

Fazit

Das wichtigste CNE-Futter ist das, welches die Katze frisst. Diätfutter wäre gut, aber bevor die Katze vor vollem Napf verhungert, ist es besser, ihr das Futter zu geben bzw. wieder attraktiv zu machen, welches sie gerne mag. Fressen ist bei CNE-Katzen lebensnotwendig.

 

 

Quellen: