Wenn das Kümmern verkümmern lässt

Zusammenfassung

  • Die Belastung durch die Pflege einer kranken Katze kommt der Bürde der Pflege eines Angehörigen Familientmitgliedes gleich
  • Die Pflege eines kranken Haustieres kann zu Stress und negativen Emotionen führen
  • Es gibt Lösungswege, um die psychische Belastung zu reduzieren

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Die chronisch nierenkranke Katze verlangt ihrem Besitzer Einiges ab. Neben einem finanziellen Mehraufwand durch häufigere Tierarztbesuche, Medikamente und andere Mittel ist auch die zeitliche und insbesondere die psychische Belastung der Katzenbesitzer mitunter immens. Schuldgefühle gegenüber der geliebten Katze, sie leiden zu sehen, ihr nicht helfen oder sich eine aufwendige Behandlung nicht leisten zu können, sind häufig gepaart mit der spürbaren Angst, die Katze bald zu verlieren.

Menschen gehen sehr unterschiedlich mit solchen Stresssituationen um. Während bei einigen Katzenbesitzern der Wunsch wächst, aktiv zu werden, sich umfangreich zu informieren und der Erkrankung besser zu begegnen, gibt es auch Besitzer, die die Tatsachen möglichst lange leugnen. Beides sind sogenannte Coping-Strategien (= Bewältigungsstrategien), die helfen sollen, die entstandenen negativen Emotionen und den Stress für den Katzenbesitzer zu erleichtern.

 

Chronisch kranke Haustiere sind belastend

Tierhalter, die sich um eine kranke Katze oder einen kranken Hund kümmern, sind häufig Belastungen ausgesetzt, wie sie sich aus der Betreuung eines kranken Angehörigen – ähnlich wie bei der Pflege eines menschlichen Familienmitglieds – ergeben. Eine Studie von Britton et al. (2018) hat sich diesem Thema gewidmet. Die Forscher fanden heraus, dass die Pflege eines chronisch kranken Vierbeiners mit besonderen Belastungen für den Besitzer verbunden sein kann. Die Symptome und Verhaltensänderungen eines kranken Haustieres können sich auch auf die Emotionen des Tierbesitzers negativ auswirken. Die Verhaltensänderung einer sonst schmusigen Katze, die sich nun bei CNE zurückzieht, aber auch andere Veränderung der Persönlichkeit wie etwa Spielunlust können neben körperlicher Schwäche vom Besitzer als sehr belastend empfunden werden. Christiansen et al. (2013) zeigten, dass sich Veränderungen in der Mensch-Hund-Beziehung und den gemeinsamen Aktivitäten bei chronisch kranken oder alten Hunden, Traurigkeit und Frustration beim Besitzer verursachen, was zu Schuldgefühlen beim Hundebesitzer führen kann. Auch Bedenken hinsichtlich des Fortschreitens des Zustands des Hundes, seines Wohlergehens und der Erwägung einer möglichen Euthanasie bringen den Hundebesitzer in emotionale Bedrängnis.

 

Zeitdruck und finanzielle Einschränkungen führen zu Stress

Weiterhin zählen zu den Belastungen nicht nur der hohe zeitliche und finanzielle Aufwand, sondern auch Schuldgefühle dem Tier gegenüber sowie Angst über den Ausgang der Erkrankung. Schuldgefühle entstehen beim Haustierbesitzer dadurch, dass er glaubt, dem geliebten Familienmitglied nicht genug Pflege zukommen zu lassen. Diese Schuldgefühle können aus Zeitdruck oder finanziellen Gründen entstehen. Der Zeitdruck führt dazu, dass Tierbesitzer das Gefühl haben, ihre Pflege sei nicht auf einem angemessenen Level. Dies rührt häufig daher, dass die Pflege eines chronisch kranken Vierbeiners sehr zeitintensiv ist und zu allen sonstigen Verpflichtungen des Tierhalters wie Beruf und Familie hinzukommt. Dies kann zu einer „Zerreißprobe“ zwischen der Pflege des bedürftigen Vierbeiners und allen sonstigen Verpflichtungen führen, so dass der Tierhalter das Gefühl hat, allem nicht mehr gerecht zu werden. Daraus können auch negative Emotionen wie Wut gegenüber dem Schützling erwachsen, da der Besitzer zurückstecken muss, weil er nun weniger Zeit für sich selbst hat und/oder die Behandlung sehr viel kostet. Daran ist zu erkennen, dass die Belastung für den Tierbesitzer mit sehr gegensätzlichen Emotionen verbunden sein kann, die auch zu Stresssymptomen bei dem pflegenden Tierbesitzer führen können.

 

Fürsorglichkeit zahlt sich aus

Auf der anderen Seite zeigen sich in den o.g. Studien aber auch positive Aspekte für den Haustierbesitzer, der seinen Schützling, Freund und sein Familienmitglied pflegt: Tierbesitzer berichten davon, dass sie sich gebraucht und geschätzt fühlen, dass sie selbstbewusster werden und ein persönliches Wachstum aufweisen durch die Pflege ihres chronisch kranken Tieres. Die Gefühle von Kompetenz, von Beziehungszuwachs und auch Pflicht- und Rollenerfüllung können nutzenstiftend für den Tierbesitzer sein.

 

Je mehr die positiven Aspekte in den Vordergrund gerückt werden, desto weniger empfindet der Tierbesitzer die Pflege seines kranken Vierbeiners als Bürde. Tierbesitzer kümmern sich permanent um ihr Tier, versorgen und pflegen es und das ist ein wichtiger Aspekt ihrer Freude an der Tierhaltung. Diese Freude kann im Rahmen der Pflege eines chronisch kranken Tieres zusätzlich gefördert werden. Hier geht es vor allem um die Wahrnehmung durch den Tierbesitzers, die sich sowohl bei ihm, als auch auf sein krankes Tier positiv auswirken und die Beziehung zwischen beiden fördern kann. Dazu ist die positive Einschätzung der Pflege durch den Haustierbesitzer notwendig, die seinen Stress reduzieren hilft. Stressfaktoren können dabei die Wahrnehmung des Tierbesitzers sein, dass das Befolgen neuer Regeln und Routinen für die Behandlung des Tieres bzw. aufgrund des Zustandes des Tieres eine Herausforderung für ihn darstellt. Christiansen et al. (2013) zeigten in ihrer Studie, dass die Besitzer alter oder chronisch kranker Hunde sehr unterschiedlich mit den Veränderungen und Herausforderungen umgehen und daher ihre eigene Lebensqualität unterschiedlich stark von dieser Belastung betroffen sind.

 

Frau liest ein Buch und trinkt Tee. Ihre getigerte Katze liegt müde auf ihrem Schoss und schläft.
Gezielte Ruhepausen und der Aufbau von Wissen rund um die Nierenerkrankung der Katze helfen, den Stress zu reduzieren.

Kontrolle und Übersicht behalten

Damit der Tierbesitzer die Pflege weniger belastend empfindet, können für ihn praktische Maßnahmen zur Verringerung der täglichen Belastung (Stressreduktion, Planung) günstig sein. Die Forscher schlagen zudem gezielte Ruhepausen und kompetenzbasierte Problemlösungen zur Verringerung der mit der Pflege von Haustieren verbundenen Belastung vor. Dabei spielt das Gefühl der Kontrolle des Tierbesitzers eine wichtige Rolle. Dieses Gefühl der Kontrolle und Kompetenz kann erreicht werden durch die Auseinandersetzung mit der Erkrankung (Informationen einholen zur Erkrankung, Therapie etc.), aber auch durch die Konzentration auf kleinere Maßnahmen, die der Tierbesitzer selbst durchführen kann. Auch jeder kleine Schritt führt in die richtige Richtung.

 

Nur wer sich um sich selbst sorgt, kann auch für seinen Vierbeiner sorgen

Dazu gehört auch der Umgang mit sich selbst. Denn nur wer für sich selbst Sorge trägt, kann auch sein krankes vierbeiniges Familienmitglied unterstützen und das Beste aus der Zeit mit seinem geliebten Haustier machen. Wer sich für die Pflege eines chronisch kranken Tieres entscheidet anstatt es einzuschläfern, nimmt die Belastungen und den Stress, den die Betreuung des kranken Vierbeiners mit sich bringt, in Kauf. Dies ist eine bewusste Entscheidung, die der Tierbesitzer trifft und die sich deswegen auf seine Belastungswahrnehmung positiv auswirken kann.

Allerdings kann die Belastung, die mit der Pflege eines chronisch kranken Tieres verbunden ist, doppelt so hoch sein, wie die Belastung durch die Betreuung eines gesunden Vierbeiners. Das kann die geistige Gesundheit des Tierbesitzers beeinträchtigen und zu Depressionen führen. Diese mentalen Veränderungen können sich auch auf das körperliche Wohlbefinden des Tierbesitzers auswirken, indem täglicher Stress zu gesundheitlichen Problemen beiträgt: verminderte Aufmerksamkeit und ein höherer Spiegel des Stresshormons Cortisol sind bei solchen Pflege-gestressten Tierbesitzern zu finden und können deren eigene Lebensqualität negativ beeinflussen. Tierbesitzer geben ihrem geliebten Vierbeiner häufig solange Pflege, bis es nicht mehr geht und die eigenen körperlichen, geistigen, sozialen oder finanziellen Belastungen zu groß für sie werden. So weit sollte es nicht kommen.

 

Was kann ich als Katzenhalter daraus lernen?

Wie bei vielen Problemlösungen können auch hier kleine Schritte helfen. Beginnen kann jeder damit, sich über die Erkrankung, Diagnostik und Therapie zu informieren. Das kann zum Teil mühsam, zeitaufwendig und sehr frustrierend sein. So habe ich es zumindest erlebt und deswegen für die Katzenhalter von Katzen mit chronischer Nierenerkrankung diese Website verfasst, die diesen Schritt erleichtern soll. Hier sind die wichtigsten Informationen enthalten, die ich damals gerne gehabt hätte. Vertiefungen nehme ich zudem in den Blogbeiträgen vor. Durch Aufbau von Wissen hatte ich das Gefühl der Kontrolle, das mir geholfen hat, meine Katze durch die CNE zu begleiten und auch die schönen Momente zu genießen. Zudem habe ich eine realistische Sicht auf unsere gemeinsame Situation bekommen und konnte dadurch auch mein Leben besser sortieren und planen.

(Mehr zu unserem Weg mit der Chronischen Niereninsuffizienz)

 

Ein weiterer Schritt sind Entlastungen. Beispielsweise können tierbegeisterte Freunde bei der Pflege des erkrankten Vierbeiners helfen, so dass sich der belastete Tierbesitzer auch einmal eine Auszeit nehmen kann. Man wundert sich, wer sich dazu dann bereiterklärt. Zumindest war es bei mir so und ich kann nur empfehlen, auch Freunde aktiv anzusprechen.

 

Letztlich ist tatsächlich wichtig, sich auch um sich selbst zu kümmern. Gerade bei chronisch kranken Tieren zieht sich die Erkrankungsphase oftmals über mehrere Jahre hin. Die zusätzliche Betreuung des geliebten Vierbeiners ist eine zusätzliche Belastung, die man in seinem Alltag unterbringen muss. Das Leben muss trotzdem weitergehen und lebenswert bleiben, damit der Tierbesitzer in der Lage ist, diese Pflegeaufgabe zu stemmen und seinem kranken Tier gerecht zu werden.

 

*Da dieser Artikel Wirkstoff-Namen enthält, kennzeichne ich diesen Artikel als Werbung bzw. Anzeige

Quellen:

  • Britton, K. / Galiato, R. / Tremont, G. / Chapman, K. / Hogue, O. / Carlson, M. D. / Spitznagel, M. B. (2018): Caregiving for a Companion Animal compared to a Family Member: Burden and Positive Experiences in Caregivers. In: Frontiers in Veterinary Science, Vol. 5, Article 325.
  • Christiansen, St. B. / Kristensen, A. T. / Sandøe, P. / Lassen, J. (2013): Looking After Chronically III Dogs: Impacts on the Caregiver’s Life. In: Anthrozoös, 26(4), S. 519–533.
  • Spitznagel M. B. / Ben-Porath, Y. S. / Rishniw, M. / Kogan, L. R. / Carlson, M. D. (2019): Development and validation of a Burden Transfer Inventory for predicting veterinarian stress related to client behavior. In: Journal of the American Veterinary Medical Association 254(1), S. 133–144.
  • https://www.petcaregiverburden.com/