Blutuntersuchungen

Blutuntersuchungen zur Diagnose der CNE

Im Blutserum ist vor allem die Untersuchung auf Kreatinin und Harnstoff (Urea) entscheidend für die Diagnose. Bei einer Chronischen Nierenerkrankung (CNE) sind
beide Werte erhöht (Azotämie = erhöhter Gehalt von stickstoffhaltigen Abbauprodukten
des Proteinstoffwechsels im Blut).

Zur Diagnose einer CNE reicht allein die Untersuchung auf den Kreatinin- und Harnstoff-Blutspiegel bzw. ein SDMA-Test nicht aus. Es müssen weitere Untersuchungen entsprechend den Vorgaben der IRIS stattfinden, um eine CNE auszuschließen bzw. die Diagnose zu verfestigen.

 

Kreatinin

Kreatinin ist ein Abbauprodukt des Muskelstoffwechsels und zählt zu den harnpflichtigen Substanzen. Kreatinin selbst gilt als Indikator für die Filtrationsleistung der Nieren, da es nur über diese ausgeschieden werden kann. Allerdings gibt es einige Faktoren, die den Kreatinin-Blutspiegel beeinflussen können. Dazu zählen Hungerphasen, Flüssigkeitsaufnahme, Bemuskelung, Ernährungszustand der Katze etc., genau das ist ein Problem bei mageren und ausgemergelten Katzen, hier kann der Kreatininwert aus den genannten Gründen zu niedrig sein.

Jede Katze hat daher ihren eigenen Referenzwert. Der Referenzwert (= Normalwert) für Kreatinin ist bei Katzen relativ breit und liegt bei 40–170 µmol/l. Daher ist es gut, schon bei der gesunden Katze jährlich eine Blutuntersuchung auf Kreatinin zu machen, um ihren individuellen Kreatininwert zu kennen. Dies ist wichtig, da ein Anstieg innerhalb des Referenzbereiches in Zusammenhang mit speziellen Urinuntersuchungen und dem SDMA-Test schon ein Hinweis auf das Vorliegen einer CNE geben kann. Von der International Renal Interest Society (IRIS) wird Kreatinin als Hauptkriterium für die Diagnose sowie die Einteilung in Stadien angesehen.

Kreatinin steigt innerhalb des Referenzintervalls an
Kreatinin steigt innerhalb des Referenzintervalls an

SDMA-Test

SDMA = Symmetrisches Dimethylarginin, das ein Abbauprodukt der Aminosäure Arginin darstellt und ausschließlich über die Nieren ausgeschieden wird. SDMA ist ein hochspezifischer Biomarker für die Nierenfunktion der Katze. Laut der Herstellerfirma IDEXX können damit bereits CNE-Katzen in einem Frühstadium identifiziert werden, wenn noch 60 % der Nephrone funktionstüchtig sind und noch keine Kreatininerhöhung vorliegt oder klinischen Symptome auftreten.

SDMA hat gegenüber Kreatinin den Vorteil, dass es nicht von anderen Faktoren wie Muskelmasse etc. beeinflusst wird und schon in einem sehr frühen Zeitpunkt der CNE ansteigt, weil es sehr direkt mit einer Senkung der Filtrationsleistung (der sogenannten Glomerulären Filtrationsrate = GFR) korreliert.

In einer Studie von HALL et al. (2014) konnte gezeigt werden, dass mit dem SDMA-Test eine CNE durchschnittlich 17 Monate früher als auf Basis des Kreatinin-Blutspiegels diagnostiziert werden konnte.

Mit dem SDMA-Test kann eine CNE bereits in  einem frühen Stadium identifiziert werden.

Ein SDMA-Wert > 14 µg/dl weist  auf eine CNE hin.

Eine frühere Erkennung der CNE kann zu einer besseren und gezielteren Behandlung mit der Möglichkeit der Lebensverlängerung und zur Erhöhung der Lebensqualität der Katze beitragen. Daher empfehle ich persönlich, eine Katze schon ab dem Alter von 5 Jahren 1 x jährlich zum Nierencheck zu bringen!

Harnstoff (Urea)

Blutharnstoff wird im englischsprachigen Raum auch als BUN abgekürzt. Harnstoff ist ein stickstoffhaltiges Abbauprodukt des Proteinstoffwechsels, der über den Harn ausgeschieden werden muss (harnpflichtige  Substanz). Harnstoff selbst ist dabei kein Gift, gilt aber als Indikator für giftige (= toxische) Abbauprodukte des Proteinstoffwechsels (urämische Toxine), die schwerer messbar sind. Wenn die Nieren Harnstoff nicht mehr ausreichend ausfiltern können, reichert er sich im Blut  an. Dies ist bei der CNE zu erwarten. Allerdings ist der Harnstoffspiegel im Blut noch von weiteren Faktoren  abhängig (Ernährungszustand der Katze, Austrocknung, Bluthochdruck, Magen-Darm-Blutungen, Diabetes, Nierensteine etc.). Daher ist ein erhöhter Harnstoffwert allein kein eindeutiger Hinweis auf das Vorliegen einer CNE. Der Harnstoffwert sollte immer zusammen mit dem Kreatininspiegel betrachtet werden. Wenn Kreatinin auch erhöht ist, spricht dies für eine Nierenproblematik.

Ein allein erhöhter Harnstoffwert kann auch andere Ursachen haben, etwa eine proteinreiche Mahlzeit der Katze. Daher muss die Katze etwa 8–12 Stunden gefastet haben, bevor der Harnstoffwert bestimmt werden sollte. Erhöhte Harnstoff- und Kreatininwerte bezeichnet man auch als Azotämie (= Erhöhung der Werte harnpflichtiger Stoffe im Blut). Die Internationale Renal Interest Society (IRIS) teilt aufgrund des Vorliegens und der Schwere einer Azotämie, gemessen am Kreatinin-Spiegel, die CNE in vier Stadien ein. Sein Normbereich (= Referenzbereich) liegt bei 3,5–8,0 mmol/l, BUN wird angegeben als  9,8–35,0 mg/dl.

BUN-Wert sollte bei  9,8–35,0 mg/dl liegen.

Phosphat & FGF-23

Der Phosphatwert im Blut (Serum, Plasma) gibt einen Hinweis darauf, ob der Kalzium-Phosphatstoffwechsel gestört ist und die hormonelle Entgleisung (siehe Phosphat und CNE) bereits eingesetzt hat. Meist ist der Phosphatwert aufgrund der hormonellen Kompensationsmechanismen (Parathormon und FGF-23- führen an den Nieren zu einer vermehrten Ausscheidung von Phosphat) in den frühen Stadien noch im Normbereich. Gerade hier kann aber ein in der Norm liegender Phosphatwert die Entgleisung, die zum Fortschreiten der Erkrankung führt, maskieren.

Seit 2023 gibt es die Möglichkeit, den sogenannten FGF-23-Wert im Blut bestimmen zu lassen. FGF-23 (Fibroblast Growth Factor 23 = Fibroblasten Wachstumsfaktor 23) ist ein Hormon aus dem Knochen, dessen Konzentration sich im Blut erhöht, wenn der Kalzium-Phosphatstoffwechsel gestört ist. Daher ist FGF-23 in den frühen Stadien der CNE der genauere Wert, um zu erkennen, ob eine Katze von einer Phosphatreduktion profitieren kann. Zudem sind erhöhte FGF-23-Werte im Frühstadium als prognostisch ungünstig zu beurteilen. Allerdings ist der FGF-23-Wert auch erhöht, wenn die Kalziumblutkonzentration erhöht ist (= Hyperkalzämie) bzw. bei unbehandelter Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) und bei Parathormon bzw. Calcitriol-Veränderungen anderer Ursache, die nicht mit der Nierenerkrankung in Zusammenhang stehen sowie bei Vorliegen von Entzündungen und Magnesiummangel. Daher ist es immer ratsam, keine Einzelwerte zu betrachten, sondern immer alle Parameter des Blutbildes bzw. der weiteren Untersuchungen zu berücksichtigen.

Da das Futter einen Einfluss auf den Phosphatwert und die FGF-23-Konzentration haben kann, müssen Katzen für die Blutuntersuchung gehungert haben.

Die IRIS gibt Empfehlungen für Phosphat-Höchstwert in den einzelnen Stadien. Werden diese Werte überschritten, so empfiehlt sich eine phosphatreduzierende Maßnahme. Gleiches gilt, wenn der Phosphatwert im Normbereich liegt, der FGF-23-Wert jedoch den Schwellenwert von 400 mg/ml überschreitet.

Die IRIS sieht eine Senkung des Phosphatwerts im Blut vor, wenn bestimmte Werte überschritten werden.
Die IRIS sieht eine Senkung des Phosphatwerts im Blut vor, wenn bestimmte Werte überschritten werden.

Urämische Toxine

Das urämische Toxin Indoxylsulfat kann mittlerweile im Blut nachgewiesen werden. Bei manchen Laboren gehört diese Untersuchung bereits zum erweiterten Nierenprofil oder kann als Einzeluntersuchung durchgeführt werden.

Der Indoxylsulfat-Blutspiegel unterliegt individuellen und tageszeitlichen Schwankungen. Auch ist der Indoxylsulfat-Spiegel vom Gewebespiegel abhängig: Indoxylsulfat staut sich zunächst ins Blut und dann in die Organgewebe zurück, wenn es nicht ausreichend ausgeschieden wird, wie dies bei CNE der Fall ist. Zwischen Blut und Gewebe gibt es einen Austausch, der den Indoxylsulfat-Blutspiegel variieren lässt. Dies ist insbesondere bei niedrigen Blutspiegeln der Fall. In den späten IRIS-Stadien kann der Indoxylsulfat-Spiegel exponentiell ansteigen.

Kalzium

Kalzium ist ein wichtiges Mineral, welches für Muskelbewegungen (Muskelkontraktionen), bei der Blutgerinnung und auch bei der Funktion der Nerven eine wichtige Rolle spielt. Der überwiegende Anteil des Kalziums befindet sich jedoch in den Knochen. Der Kalziumgehalt des Blutes ist über unterschiedliche Mechanismen an den Phosphatspiegel gekoppelt (siehe Hyperphosphatämie). Bei der CNE kann es sowohl zu einer Verringerung des Kalziumspiegels im Blut (Hypokalzämie) als auch zu einer Erhöhung (Hyperkalzämie) kommen. Der Normalbereich von Blutkalzium schwankt stark je nach Labor, weil jedes Labor eigene Referenzwerte hat. Im Allgemeinen liegt er jedoch zwischen 2,3–3,0 mmol/l, wobei in einigen Labors schon ein Kalzium-Wert von 2,75 mmol/l als Hyperkalzämie bewertet wird.

 

Kalium und Natrium

Kalium und Natrium sind ebenfalls wichtige Salze im Körper. Bei der CNE ist Kalium durch den häufigen Harnabsatz und durch Erbrechen meist erniedrigt (Hypokaliämie) und der Natriumwert eher erhöht (Hypernatriämie).

Der Normbereich von Kalium liegt bei ca. 3,0–4,8 mmol/l und der von Natrium bei 145–158 mmol/l.

Kalziumwert sollte zwischen 2,3–3,0 mmol/l liegen.

Natriumwert sollte bei 145–158 mmol/l liegen.

Kaliumwert sollte bei ca. 3,0–4,8 mmol/l liegen.

 

Erythrozyten und Hämatokrit

Die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) und damit auch der Hämatokrit (= der Anteil der Erythrozyten am Blutvolumen) sind bei der CNE meist erniedrigt. Die Nieren sind über das Hormon Erythropoetin an der Blutbildung beteiligt. Bei der CNE ist diese Funktion reduziert, so dass weniger rote Blutkörperchen gebildet werden. Das kann zu einer Blutarmut (Anämie) führen, die sich als Blässe der Schleimhäute bemerkbar macht.

Referenzbereich der Erythrozyten: 5,0–10,0 T/l, der Normbereich für Hämatokrit liegt bei 30–45 % (oder 0,30–0,45 l/l). Bei einem Hämatokrit unter 27 % wird bei der Katze von Anämie gesprochen.

 

Glomeruläre Filtrationsrate (GFR)

Sie ist das Maß für die Filterleistung der Nephrone und stellt damit die genaueste Methode für die Abschätzung der Leistungsfähigkeit der Nieren dar. Ihre Bestimmung ist jedoch nicht ganz einfach. Man gibt der Katze eine bestimmte Substanz in einer definierten Menge ein
(z. B. Iohexol), welches ausschließlich oder zumindest weitgehend über die Nieren ausge-schieden wird. Dann werden in bestimmten Zeitabständen Blutproben und eine 24-Stunden-Sammelurinprobe entnommen und auf eben diese Substanz hin untersucht. Es wird also überprüft, wie schnell die Nieren in der Lage sind, die Substanz wieder auszuscheiden (Clearance). Da die Ausscheidung an die Filtrationsleistung direkt gekoppelt ist, kann man dadurch die GFR bestimmen.

Kreatininwerte verhalten sich umgekehrt proportional zur GFR: Steigt die GFR und damit die Filtrationsleistung, wird mehr Kreatinin ausgefiltert und der Blut-Kreatinin-Spiegel sinkt ab. Fällt die Filtrationsleistung ab, sinkt die GFR und damit kann weniger Kreatinin
ausgeschieden werden. Es kommt zu einem Anstieg des Kreatinin-Spiegels im Blut. Die GFR ist allerdings schon vor dem Kreatinin-Anstieg erniedrigt, so dass es eine zeitliche Verzögerung zwischen beiden Werten gibt. Die GFR eignet sich zur Früherkennung der CNE. SDMA reagiert bereits zu einem früheren Zeitpunkt als Kreatinin auf eine Reduktion der GFR. Daher ist der SDMA-Test auch für eine Früherkennung geeignet und deutlich einfacher als die Bestimmung der GFR.

Blutuntersuchungen sind wichtig!
Die beschriebenen Blutuntersuchungen sind die wichtigsten Untersuchungen bei einer CNE-kranken Katze und Teil des sogenannten Nierenprofils. Weiterhin ist ein Gesamtblutbild, auch großes Blutbild genannt, wichtig, um etwaige Ursachen oder Begleiterkrankungen auszuschließen oder auch zu diagnostizieren. Dazu gehören beispielsweise die Leberwerte, die Schilddrüsenwerte (hier vor allem der T4-Wert) sowie die Überprüfung auf das Vorliegen von Diabetes mit dem Fructosaminwert, die Auflistung der einzelnen weißen Blutkörperchen-Fraktionen (z. B. Neutrophile), um ggf. Entzündungen diagnostizieren zu können.

Je nach Grunderkrankung und Auslöser oder Begleiterkrankung (z. B. sekundärer Hyperparathyreoidismus) sind weitere Laboruntersuchungen notwendig, die dein Tierarzt mit dir bespricht.