Vier Teufelskreise forcieren die Nierenzerstörung
Der fortschreitende Verlauf der Chronischen Nierenerkrankung (CNE) wird durch unterschiedliche Mechanismen unterstützt, die alle in einen weiteren Nephronen-Verlust münden. Der Nephronen-Verlust wiederum führt zu einer Verringerung der Nierenfunktion und unterstützt damit die NiereninsuffizienzFunktionsverlust der Niere, der plötzlich eintreten kann (akut) oder auch langsam fortschreitend auftretend kann, wie bei der chronischen Nierenerkrankung. Ein Funktionsverlust der Nieren führt zu einer verringerten Filtrationsleistung (glomeruläre Filtrationsrate), so dass harnpflichtige Stoffe wie urämische Toxine nicht mehr ausreichend ausgefiltert werden können. Es kann... weiter. Die sich selbst verstärkenden Mechanismen (Teufelskreise) sind der Grund für das Fortschreiten der Erkrankung:
Kompensation und Überlastung, Urämische ToxineDiese sind giftige, stickstoffhaltige harnpflichtige Substanzen, die für die Urämie und Nierenschäden verantwortlich sind...., HyperphosphatämiePhosphatanreicherung im Blut, Bluthochdruck.
Teufelskreis Kompensation und Überlastung
Die Nieren der Katze haben ca. 200.000 NephroneNephrone sind die Filtereinheiten der Nieren..... Nicht alle Nephrone werden gleichzeitig genutzt. Es verbleibt eine Reserve an Nephronen, die im Laufe des Lebens aufgebraucht wird, wenn Nephrone untergehen, was immer wieder einmal der Fall ist. Die untergehenden Filtereinheiten werden durch Reserve-Nephrone ersetzt – bis keine Reserve-Nephrone mehr vorhanden sind. Dann kompensieren die noch verbleibenden Nephrone die untergegangenen Filtereinheiten.
Zudem haben die Nieren eine enorme Kompensationsfähigkeit. So können bestehende Nephrone die Aufgaben der untergehenden Nephrone übernehmen, bis sie selbst überlastet sind. Eine dauerhafte Überlastung der Nephrone führt zu ihrem Absterben. Somit gehen weitere Nephrone verloren und die Anzahl der verbleibenden Nephrone reduziert sich fortwährend. Damit ist auch verständlich, warum klinische Symptome erst sehr spät auftreten, wenn bereits 2/3 bis 3/4 der Nephrone unwiederbringlich zerstört sind.
Aufgrund der hohen Kompensationsfähigkeit der Nieren können die noch intakten Nephrone ihre Filtrationsleistung steigern, indem der Blutdruck erhöht wird und damit mehr Stoffe ausgepresst werden. Es werden dabei jedoch nicht nur mehr, sondern auch solche Stoffe ausgepresst, die üblicherweise im Blut verbleiben sollen, wie etwa Proteine. Eine Blutdruckerhöhung kann daher auch zu einem Proteinverlust über den Harn führen, der sogenannten ProteinurieEiweißverlust über den Urin. Physiologischerweise wird nur eine sehr geringe Menge Eiweiß über den Harn ausgeschieden. Diese Menge kann bei der chronischen Nierenerkrankung erhöht sein. Beim Vorliegen von Bluthochdruck können vermehrt Proteine im Nephron ausgepresst werden, die üblicherweise nicht ausgefiltert werden würden. Zudem können diese....
Teufelskreis Urämische Toxine
Ein weiterer Teufelskreis wird durch die sinkende Nierenleistung angestoßen: Bei zunehmendem Nephronenverlust und Niereninsuffizienz können immer weniger harnpflichtige Stoffe wie etwa KreatininKreatinin ist ein Abbauprodukt aus dem Muskelstoffwechsel. Sein Blutspiegel ist abhängig vom Alter, Gewicht, Ernährungszustand, Muskelmasse u.v.m.. Daher ist der Kreatinin-Spiegel im Blut individuell verschieden. Kreatinin wird fortwährend über den Urin ausgeschieden. Kommt es zu einem Anstieg, ist dies ein Zeichen und auch Maß für... und HarnstoffHarnstoff (Urea) ist das stickstoffhaltige Abbauprodukt des Eiweißstoffwechsels. Das im Eiweiß enthaltene Stickstoff wird in der Leber zu Ammoniak umgewandelt, durch die Verbindung mit Kohlendioxid entsteht daraus Harnstoff. Dieser wird fortwährend über die Nieren aber auch über Schweiß ausgeschieden. Harnstoff gehört zu den harnpflichtigen Substanzen... (beides keine urämischen Toxine, sie werden aber für die Nierendiagnostik verwendet, weil sie leicht zu messen sind → siehe Diagnostik und Stadien) ausgefiltert und somit ausgeschieden werden. Es kommt zu einer Anreicherung harnpflichtiger Stoffe im Blut (AzotämieErhöhter Spiegel stickstoffhaltiger Abbauprodukte des Eiweißstoffwechsels im Blut....).
Die Azotämie wird durch die Blutspiegelerhöhung harnpflichtiger Stoffe messbar. Kreatinin und Harnstoff dienen dabei als Indikatoren für die Nierenleitung und werden im Blut untersucht. Anhand ihres Plasmaspiegels kann die Diagnose Chronische Nierenerkrankung (CNE) gestellt und die Einteilung in die vier Stadien der CNE vorgenommen werden.
Urämische Toxine (= Giftstoffe) sind harnpflichtige Stoffe. Sie entstehen natürlicherweise als giftige Abbauprodukte aus dem Proteinstoffwechsel und werden üblicherweise über die Nieren ausgeschieden. Wird ihr Blutspiegel aufgrund der verringerten Filterleistung der Nieren erhöht, kommt es also zu einer Anreicherung im Blut, können sie die Nieren direkt schädigen. Zu den urämischen ToxinenDiese sind giftige, stickstoffhaltige harnpflichtige Substanzen, die für die Urämie und Nierenschäden verantwortlich sind.... gehören IndoxylsulfatDiese sind giftige, stickstoffhaltige harnpflichtige Substanzen, die für die Urämie und Nierenschäden verantwortlich sind.... und para-KresylsulfatDiese sind giftige, stickstoffhaltige harnpflichtige Substanzen, die für die Urämie und Nierenschäden verantwortlich sind..... Diese sind sehr gefährlich für die Nieren. Dies wurde in weitreichenden Studien bei Menschen und Ratten untersucht. Dort konnte nachgewiesen werden, dass Indoxylsulfat direkt mit der Sterberate chronisch Nierenkranker im Zusammenhang steht. Indoxylsulfat führt zu einer Zerstörung von Zellen, die in eine Entzündung mündet. Damit werden Nephronen zerstört und durch Narbengewebe ersetzt, so dass sich der Kreislauf aus reduzierter Nierenleistung und weiterer Nephronenzerstörung fortsetzt. Zusätzlich können urämische Toxine den Knochenstoffwechsel negativ beeinflussen.
Die zunehmende Anreicherung harnpflichtiger Stoffe im Blut endet in einer inneren Vergiftung, der sogenannten UrämieUrämie bedeutet: Urin im Blut und ist die Folge des Anstieges harnpflichtiger Substanzen im Blut, die durch eine verringerte Nierenleistung (glomeruläre Filtrationsleistung) bei chronischer Nierenerkrankung nicht mehr ausreichend ausgeschieden werden können und sich deswegen im Blut anreichern. Es kommt zu einer Harnvergiftung durch urämische Toxine,.... Diese ist mit klinischen Symptomen verbunden wie etwa: Erbrechen, Übelkeit, Mattigkeit, Durchfall, Schwäche, Mundgeruch, struppigem Haarkleid – bis hin zu komatösen Zuständen. Eine Kontrolle der harnpflichtigen Stoffe und vor allem der urämischen Gifte ist daher sehr wichtig, weil der apparative Aufwand einer Dialyse (Blutwäsche) bei Katzen nicht möglich ist.
In unserem Blog Beitrag “Urämische Toxine” findest du weitere detaillierte Informationen.
Dieser Teufelskreis ist beeinflussbar, da die Menge an urämischen Toxinen mit der Menge an aufgenommenem Futterprotein und der Proteinverarbeitung im Darm in einem direktem Zusammenhang steht. In der Humanmedizin gibt es Ansätze, die Vorstufen der urämischen Toxine bereits im Darm abzufangen. Damit können die Nieren entlastet werden, da weniger urämische Toxine entstehen.
Teufelskreis Hyperphosphatämie
Der Teufelskreis beginnt bei der verringerten Nierenleistung und führt mit einem fortschreitenden Verlust an funktionsfähigen Nephronen zu einer weiteren Verringerung der Nierenleistung.
Teufelskreis Bluthochdruck
Die Nieren sind Organe, die ihren Blutdruck selbst regulieren können (sogenannte Autoregulation der Nierendurchblutung). Dazu haben sie vielfältige Mechanismen, die sie dabei unterstützen. Die Filtrationsleistung der einzelnen Nephrone ist von dem Blutdruck abhängig. Bei steigendem Blutdruck wird die Filtrationsleistung erhöht. Allerdings kann ein anhaltend hoher Blutdruck auch zu einer Nierenschädigung führen. Es kommt zu einer Drucküberlastung und zu einer Verhärtung der Gefäße (SklerosierungVerhärtung von Organen und Geweben durch eine Zunahme an Bindegewebe. Eine Sklerosierung macht Gewebe und Organe weniger elastisch....), da schützende Stoffe fehlen. Dies führt zu fortschreitenden Schäden im Gefäßsystem der Nephrone und schließlich zu deren Untergang.
Bluthochdruck tritt bei etwa 20 % der CNE-Katzen auf. Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass diese Zahl tatsächlich deutlich höher liegt.
Ein erhöhter Blutdruck kann die Ursache für eine Vielzahl klinischer Symptome sein: Es kann zu zentralnervösen Störungen wie Anfällen, Krämpfen, Lethargie, aber auch zu Schlaganfall, Schwierigkeiten beim Gehen und zu Sehstörungen kommen – bis hin zum Erblinden durch eine Netzhautablösung (Retinaablösung).
Durch den Bluthochdruck werden zudem vermehrt Proteine ausgefiltert, die nicht mehr rückresorbiert werden können, weshalb es zu einem Auftreten von Proteinen im Harn und damit zur Proteinurie kommt.