Nieren-Herz-Achse, wenn das Herz auf die Nieren schlägt und umgekehrt

Zusammenfassung

  • Chronische Herzfunktionsstörungen treten insbesondere im Zusammenhang mit chronischer Nierenerkrankung auf und umgekehrt.
  • Die Nieren-Herz-Achse lässt sich mit Hilfe selektiver Kohlenstoff-basierter Adsorber wirksam durchbrechen.
  • Auf dem europäischen Markt ist seit kurzem ein verbesserter Kohlenstoff-basierter Adsorber für Katzen verfügbar.

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Nieren-Herz-Achse, wenn das Herz auf die Nieren schlägt und umgekehrt

Urämische Toxine sind im Körper in zahlreiche Prozesse verstrickt. Sie stehen in enger Verbindung mit der Darm-Nieren-Achse und je mehr ich mich mit dem Thema auseinandersetze, umso klarer wird mir dies.
Doch auch andere Organe spielen eine wichtige Rolle in diesem Beziehungsgefüge. Gerade erst ist hierzu ein neuer Artikel erschienen. Er beschäftigt sich erstmalig mit dem Thema Nierenfunktionsstörung, urämische Toxine (speziell Indoxylsulfat) und deren Folgen auf Herz und Gefäße des Hundes.
Es handelt sich um eine humanmedizinische Studie aus Japan, die an Hunden durchgeführt wurde. Im Zuge der Studie wurde bei den Hunden eine Herzfunktionsstörung künstlich ausgelöst. Tierversuche sind alles andere als schön. Doch der Vorteil liegt auf der Hand: die Ergebnisse lassen sich aufgrund der Ähnlichkeit der Organismen nicht nur weitgehend auf den Menschen übertragen, sondern auch für die Tiermedizin nutzen, wo es bisher zu diesem Thema keinerlei Forschungsergebnisse gab. Diese Studie gibt also auch Anhaltspunkte für die Krankheitsverläufe und das Zusammenspiel von Herz und Nieren bei der Katze.

 

Zwei gegen eins: Die Nieren machen es dem Herz schwer

Chronische Herzfunktionsstörungen treten insbesondere im Zusammenhang mit chronischer Nierenerkrankung auf und umgekehrt. Beide Organsysteme sind eng miteinander verbunden, unter anderem über:

  • das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS),
  • den Phosphat- und Kalzium-Blutspiegel,
  • Anämie,
  • oxidativen Stress,
  • Entzündungsreaktionen.

Auf all diese wirkt das urämische Toxin Indoxylsulfat ein. Je höher sein Blutspiegel ist, desto mehr werden die Systeme in Mitleidenschaft gezogen und umso höher steigt der Phosphat-Blutspiegel, die sowie Entzündungen in unterschiedlichen Organen und hier v.a. in den Nieren und dem Herzen.
Daher war es nahe liegend, den Indoxylsulfat-Spiegel als wichtiges Indiz für die Verschlechterung einer Herzfunktionsstörung näher zu untersuchen.
Ähnlich dazu sind die Untersuchungen des Zusammenhangs von Indoxylsulfat-Spiegel und dem Fortschreiten der chronischen Nierenerkrankung, die schon mehrfach nachgewiesen wurde und aktuell auch bei Hunden und Katzen untersucht worden ist.  (s. Urämische Toxine)

 

Und schon wieder Indoxylsulfat

Das urämische Toxin, von dem die meisten pathologischen Auswirkungen bekannt sind, ist Indoxylsulfat, gefolgt von para-Kresylsulfat. Beide urämischen Toxine finden ihren Ursprung in dem mikrobiellen Abbau von Nahrungs-Proteinen im Darm (s. der Darm hat nicht nur Charme). Dabei spalten Darmmikroben die essentiellen Aminosäuren Tryptophan, Tyrosin bzw. Phenylalanin auf und bilden daraus die Toxin-Vorstufen Indol und para-Kresol. Beide Vorstufen gelangen dann über den Darm ins Blut und werden zur Leber transportiert, wo sie in die eigentlichen urämischen Toxine, Indoxylsulfat und para-Kresylsulfat umgebaut werden. Die Leber gibt die urämischen Toxine ins Blut ab, von wo sie dann in den Nieren ausgefiltert werden, um mit dem Urin den Körper zu verlassen. Bei der chronischen Nierenerkrankung können die Nieren den Überschuss dieser giftigen Urämietoxine und auch andere Abbauprodukte nicht mehr ausreichend ausfiltern, so dass der „Körpermüll“ sich im Blut anreichert und die Blutspiegel der urämischen Toxine Indoxylsulfat und para-Kresylsulfat ansteigen. Damit können Sie ihre giftige Wirkung im Körper entfalten (s. Urämische Toxine).

 

Die japanische Studie

In der o.g. Studie einer japanischen Forschungsgruppe um Hiroshi Asanuma (2019) wurde bei insgesamt 12 Hunden ein Herzfehler künstlich ausgelöst. Anschließend wurden die Hunde in zwei Gruppen eingeteilt. Eine Gruppe erhielt einen urämischen Toxin-Binder namens AST-120. Die andere Gruppe erhielt diese Behandlung nicht.
Bei den Hunden der unbehandelten Gruppe stiegen die Indoxylsulfat-Blutspiegel an, gleichzeitig verschlechterte sich die Herzfunktion. Im Gegensatz dazu sanken die Indoxylsulfat-Blutspiegel bei den behandelten Hunden auf die Ausgangswerte.
Diese Ergebnisse lassen sich vermutlich auch auf Menschen mit einer Herzdilatation übertragen. Denn durch die Senkung des Indoxylsulfates im Organismus konnte sowohl die Hypertrophie als auch die Fibrosierung und Entzündung des Herzgewebes verringert werden.
Viele Mediatoren sind an diesen pathologischen Vorgängen am Herzen beteiligt, zum Beispiel FSG-23, Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS) oder Erythropoetin. Auf all diese wirkt sich das Indoxylsulfat negativ aus.
In dieser Studie wurde gezeigt, dass eine erfolgreiche Senkung des Indoxylsulfat-Spiegels durch AST-120 dem Fortschreiten und der Verschlechterung von Herzstörungen bei Hunden vorbeugen kann.

 

AST-120 & Renaltec®: Das Geheimnis der schwarzen Kugeln

AST-120 ist ein Kohlenstoff-basierter Adsorber in Form von Kügelchen zur Bindung von Vorstufen urämischer Toxine im Darm. Er wird bereits seit vielen Jahren im asiatischen Raum bei Menschen mit chronischer Nierenerkrankung eingesetzt, um die Indoxylsulfat-Spiegel zu senken. Die Senkung von Indoxylsulfat führt dazu, dass die Überlebensrate ansteigt und Patienten erst zu einem späteren Zeitpunkt mit einer Dialyse beginnen müssen. Zudem werden durch die Senkung von Indoxylsulfat auch klinische Symptome verbessert. Diese sind meist mit der Urämie verbunden.  AST-120 bindet die urämischen Vorstufen im Darm, unabhängig von der Tätigkeit der Nieren. Damit führt es dazu, dass aus diesen gebundenen Vorstufen dann keine urämischen Toxine mehr entstehen können (s. Der Darm hat nicht nur Charme).
AST-120 besteht aus winzigen kleinen Kohlenstoff-Kügelchen, die oral aufgenommen werden, dann durch den Magen- und Darmtrakt rollen und im Darm dann die Vorstufen der urämischen Toxine aufnehmen, um anschließend selbst, mit den urämischen Toxin-Vorstufen „befüllt“, mit dem Kot ausgeschieden zu werden. AST-120 ist in Japan des Weiteren für die chronische Nierenerkrankung bei Katzen auf dem Markt und wird dort ebenso wie beim Menschen erfolgreich eingesetzt. In Europa und Amerika ist AST-120 nicht auf dem Markt, weder für Menschen noch für Tiere.
Es gibt aber seit dem letzten Jahr ein „verbessertes“ AST-120 für Katzen in einigen Teilen Europas, das den Inhaltsstoff Renaltec® enthält. Dieser ist ebenfalls ein reiner Kohlenstoff und besteht aus kleinsten Kügelchen. Renaltec® ist dem AST-120 prinzipiell also sehr ähnlich.

In aktuellen Untersuchungen konnte aber aufgezeigt werden, dass Renaltec® – möglicherweise wegen einer im Vergleich zu AST-120 noch größeren Selektivität – deutlich mehr Indol bindet als AST-120. Das wirkt sich dann entsprechend positiv durch ebenfalls stärker sinkende Blutspiegel von Indoxylsulfat aus.  Die Selektivität, die darüber entscheidet, welche Moleküle die Kügelchen in ihrem Inneren binden, führt auch dazu, dass mehr vom Schädlichen und eben weniger vom Guten aufgenommen werden (s. Blog-Artikel Der Darm hat nicht nur Charme).  So kommt es nicht zu Defiziten. Das bedeutet, je höher die Selektivität, desto besser.
Sehr wenig selektiv ist beispielsweise die sogenannte Medizinkohle, die bekannt ist für ihre Anwendung bei Durchfall oder akuten Vergiftungen. Diese besteht zudem nicht aus glatten Kügelchen, welche die Schleimhaut schonen, sondern aus Splittern und spitzen Nadeln. Das reizt auf Dauer die Schleimhaut im Magen-Darm-Trakt und kann zu Verstopfungen und Bauchschmerzen führen. Sie eignet sich deshalb nur für einen kurzfristigen Einsatz.

 

Diskussion der Ergebnisse der japanischen Studie

Die oben genannte japanische Forschungsgruppe war in der Lage eine Verbindung zwischen Darm, Leber, Niere und Herz nachzuweisen. Die Studie zeigte, dass bei Hunden mit künstlich ausgelöster Herzfunktionsstörung der Indoxylsulfat-Blutspiegel anstieg. Jedoch durch die Behandlung mit AST-120 reduziert wurde.
Mit der Kontrolle des Indoxylsulfat-Spiegels beim Hund durch AST-120 oder in Europa auch durch Renaltec® könnte demnach ein ähnlich guter Effekt bei herzkranken Hunden in der Praxis erwartet werden, wie er in der japanischen Studie an Hunden mit künstlich induzierten Herzfehlern vorgestellt wurde.
Renaltec®, für welches die Senkung des Indoxylsulfat bei Katzen bereits nachgewiesen ist, sollte hierbei sogar noch effektiver den Blutspiegel von Indoxylsulfat senken als AST-120. Denn es ist in der Lage mehr Indol aufzunehmen.
Mit Renaltec® steht erstmalig in Europa ein selektiver Hochleistungs-Adsorber zur Durchbrechung der Darm-Nieren-Achse in der Tiermedizin (Katzen) zur Verfügung, der über die Senkung des Indoxylsulfat-Spiegels nicht nur für den Einsatz bei chronisch nierenkranken Katzen einen neuen und schonenden Ansatz bietet, sondern interessanterweise damit auch einen Ansatz zur Durchbrechung der Nieren-Herz-Achse.

 

*Da dieser Artikel Wirkstoff-Namen enthält, kennzeichne ich diesen Artikel als Werbung bzw. Anzeige

Quelle:

  • Asanuma et al. (2019): AST-120, an Adsorbent of Uremic Toxins, Improves the Pathophysiology of Heart Failure in Conscious Dogs, Cardiovascular Drugs and Therapy, 23.März, 2019