Verbündete der Sterblichkeit

Zusammenfassung

  • FGF-23 und das urämische Toxin Indoxylsulfat weisen einen direkten Zusammenhang mit der Schwere der chronischen Nierenerkrankung bei Katzen auf
  • Ein Anstieg des Phosphat-Spiegels ist auf Indoxylsulfat zurückzuführen
  • Indoxylsulfat fördert den Verlust von Protein über den Urin

Verbündete der Sterblichkeit: Anstieg von FGF-23 und Indoxylsulfat bei nierenkranken Katzen als schlechtes prognostisches Zeichen

Eine neue Studie aus dem Sommer 2019 zeigt, dass die Sterblichkeitsrate chronisch nierenkranker Katzen (CNE) direkt mit dem FGF-23-Blutspiegel korreliert: Ein Anstieg des FGF-23 (s. FGF-23) steht für eine verkürzte Überlebensrate und steht auch ursächlich mit der Einlagerung von Kalzium in Organe in Zusammenhang. FGF-23, Fibroblast-Growth-Factor23 (= Fibroblasten-Wachstumsfaktor-23), ist ein am Kalzium- und vor allem am Phosphatstoffwechsel beteiligter Mediator. Er sorgt dafür, dass Phosphat reduziert und Parathormon (s. Der Teufel steck im „P“) in Schach gehalten wird. Dafür benötigt er einen Co-Faktor, der Alpha-Klotho-Faktor genannt wird. Dieser Co-Faktor wird von Indoxylsulfat unterdrückt.

Ein Anstieg des Phosphat-Blutspiegels (Hyperphosphatämie) ist eines der zentralen Probleme der CNE und führt dazu, dass die Erkrankung fortschreitet.

 

Indoxylsulfat unterdrückt die positive Wirkung von FGF-23

Das wichtigste urämische Toxin, Indoxylsulfat (s.  Urämische Toxine), unterdrückt die Bildung dieses Alpha-Klotho-Faktors, weswegen der Phosphat-Blutspiegel dann nicht durch FGF-23 reduziert werden kann, was die CNE voranschreiten lässt.

Indoxylsulfat entsteht aus der Proteinverdauung. Es wird im Darm als Vorstufe, Indol, durch Darmbakterien gebildet, die die Proteine verdauen und daraus Indol bilden. Indol wird aus dem Darm ins Blut aufgenommen und in der Leber zu Indoxylsulfat umgewandelt. Dieses muss über die Nieren ausgeschieden werden. Der Indoxylsulfat-Blutspiegel steigt bei fallender Nierenleistung (wie es bei der CNE der Fall ist) an, weil die Nieren dieses Nierengift dann nicht mehr ausreichend ausscheiden können. Indoxylsulfat bewirkt eine direkte Nierenschädigung: Indoxylsulfat ist ein Nierentoxin = Nierengift und wird auch als urämisches Toxin bezeichnet. Je höher der Blutspiegel von Indoxylsulfat, desto höher ist seine toxische Wirkung auf den Katzenkörper und hier v.a. die Nieren. Indoxylsulfat treibt dabei über verschiedene Mechanismen den Fortgang der Nierenzerstörung voran. Ein Anstieg von Indoxylsulfat wird daher mit einer erhöhten Sterberate bei CNE assoziiert. Unter anderem hat Indoxylsulfat auch einen negativen Einfluss auf den Kalzium- und vor allem Phosphatgehalt im Blut.

FGF-23 und Indoxylsulfat stehen mit der Schwere der CNE in Verbindung. Dies ist bei Menschen mit chronischer Nierenerkrankung seit langem bekannt, bei Katzen durch die neue Studie von Liao et al. (2019) erstmalig bestätigt.

Dabei zeigen FGF-23 und Indoxylsulfat einen linearen Zusammenhang zueinander. Das bedeutet, dass bei ansteigendem FGF-23-Spiegel auch der Indoxylsulfat-Spiegel entsprechend ansteigt. Gleichzeitig steigt auch der Phosphat-Spiegel im Blut der Katzen an. Dies ist dadurch zu erklären, dass Hyperphosphatämie die Bildung von FGF-23 aktiviert, damit FGF-23 dann über verschiedene Mechanismen (beispielsweise über Calcitriol) zu einer Senkung des Phosphat-Spiegels führt. Ein erhöhter Blut-Phosphatspiegel bewirkt damit eine Rückkopplung und aktiviert Mechanismen wie das FGF-23, um den Phosphat-Spiegel wieder zu senken. Damit wirkt FGF-23 korrigierend auf den Phosphat-Spiegel im Blut ein. Allerdings benötigt FGF-23 für diese Phosphatsenkung im Blut einen Mitspieler, den Co-Faktor Alpha-Klotho. Erhöht sich demnach der Phosphat-Spiegel im Blut wird automatisch auch der FGF-23-Spiegel erhöht. Das erklärt, warum Phosphat-Blutspiegel und FGF-23-Blutspiegel korrelieren (= in Zusammenhang stehen).

 

Indoxylsulfat führt zum Sekundären Hyperparathyreoidismus und Anstieg des Phosphat-Spiegels

Auf der anderen Seite steht ein Anstieg von Indoxylsulfat mit der fallenden Nierenleistung in Zusammenhang, die auch zu der Hyperphosphatämie führt, weil weniger Phosphat und eben auch Indoxylsulfat über die Nieren ausgeschieden werden kann. Eine verringerte Ausscheidung von Indoxylsulfat und Phosphat führt zu deren erhöhten Blutspiegeln. Ein erhöhter Blutspiegel von Indoxylsulfat und auch Phosphat zeigt demnach die verringerte Filtrationsleistung der Nieren an.

Zusätzlich steht Indoxylsulfat mit dem Anstieg des Phosphat-Spiegels in ursächlichem Zusammenhang. Dies ist dadurch zu erklären, dass Indoxylsulfat als potentieller Faktor des Sekundären Hyperparathyreoidismus bei CNE auftritt, was zu einer wesentlichen Verschlechterung der Erkrankung führt. Durch den negativen Einfluss auf den Alpha-Klotho-Faktor wirkt Indoxylsulfat wie oben schon erklärt zudem negativ auf die Phosphat-reduzierende Funktion von FGF-23 ein. Damit kann der erhöhte Phosphat-Blutspiegel nicht durch FGF-23 korrigiert werden. FGF-23 wird in den Zellen der Knochenmatrix gebildet und diese Zellen werden auch von Indoxylsulfat negativ beeinflusst. Indoxylsulfat ist an weiteren Faktoren der CNE beteiligt, die alle zu einer Verschlechterung der CNE führen.

 

Indoxylsulfat führt zur Proteinurie

Liao et al. (2019) zeigten auf, dass Indoxylsulfat mit einer Verschlechterung der UPC (s. Urin-Analysen) ursächlich in Zusammenhang steht und damit den Proteinverlust über den Urin (Proteinurie) fördert. Indem Indoxylsulfat die Filtrationsbarrieren der Nieren zerstört und ebenso die Wiederaufnahme wichtiger Körperproteine durch Zerstörung der dafür notwendigen Zellen verhindert, wird Indoxylsulfat ursächlich mit einem Anstieg der Proteinurie bei nierenkranken Katzen in Zusammenhang gebracht. Proteinurie wird als ein weiterer wichtiger Faktor der erhöhten Sterblichkeit bei CNE-Katzen angesehen, mit dem Indoxylsulfat in ursächlichen Zusammenhang gebracht wird. Daneben wirkt Indoxylsulfat durch weitere Faktoren auf das Fortschreiten der CNE ein und wird daher auch als das wichtigstes Nierentoxin (=Nierengift) bei Katzen angesehen.

 

Quellen:

  • Liao, Y.-L. / Chou, Ch.-Ch. / Lee, Y.-J. (2018): The association of indoxyl sulfate with fibroblast growth factor-23 in cats with chronic kidney disease; In: Journal of Internal Veterinary Medicine, 33, S.686 – 693.
  • Geddes, R. F. / Elliott, J. / Syme, H. M. (2015): Relationship between plasma fibro- blast growth factor-23 concentration and survival time in cats with chronic kidney disease. In: Journal of Internal Veterinary Medicine, 29, S. 1494 – 1501.
  • Cheng, F. P. / Hsieh, M. J. / Chou, C. C. / Hsu, W.L. / Lee, Y. J. (2015): Detection of indoxyl sulfate levels in dogs and cats suffering from naturally occuring kidney diseases; In: The Veterinary Journal 205 (2015), S. 339 – 403.
  • Elliot, J. (2016): FGF-23: a new player in the regulation of phosphate (2015; reviewed 2016), IRIS International Renal Interest Society
  • Finch N.C. / Geddes, R.F. / Syme, H.M. / Elliot, J. (2013): Fibroblast Growth Factor (FGF-23) concentrations in cats with early nonazotemic chronic kidney disease (CKD) and in healthy geriatric cats; In: Journal of Vet. Internal Medicine (27), S. 227 – 233.
  • Geddes, R.F. / Finch, N.C. / Elliot, J. / Syme, H.M. (2013): Fibroblast Growth Factor 23 in Feline Chronic Kidney Disease; In: Journal of Vet. Internal Medicine (27), S. 234 – 241.